Teheran wartet ab

Problem Atomprogramm: Neue UN-Resolution ist unrealistisch. Doch auch im Iran wächst das Misstrauen gegen Moskau

GENF taz ■ In dem seit Anfang 2005 immer weiter eskalierenden Konflikt um das iranische Atomprogramm hatten sich die Wahrnehmungen, Handlungsspielräume und Optionen der wichtigsten Akteure in Teheran, Washington, Moskau und Berlin bereits in den Monaten vor Beginn des Georgienkrieges geändert. Gründe hierfür war die Ende 2007 veröffentliche neue Bedrohungsanalyse der US-Geheimdienste sowie die Entwicklung im Irak, in Afghanistan und in Pakistan. Der Georgienkrieg hat diese Veränderungen noch forciert.

Der Konflikt macht es Teheran leichter, ihr Atomprogramm fortzusetzen und die letzten Monate der Bush-Administration ohne Konzessionen in der entscheidenden Frage der Urananreicherung zunächst einmal abzuwarten. Damit verbunden ist die Hoffnung auf die Wahl von Barack Obama, der zumindest in einer frühen Phase seines Wahlkampfs „bedingungslose Verhandlungen“ mit Iran angekündigt hatte.

Zugleich kann die iranische Führung davon ausgehen, dass Russland den bislang noch von den USA und der Europäischen Union angestrebten dritten Sanktionsbeschluss des UNO-Sicherheitsrats gegen Iran nicht mehr unterstützen und notfalls sogar mit einem Veto verhindern wird.

Auf der anderen Seite ist im Iran das Misstrauen gegen Russland wegen dessen Unterstützung für die abchasische und südossetische Minderheit Georgiens gewachsen. Schließlich besteht die Bevölkerung des Iran nur zu gut 50 Prozent aus IranerInnen, ansonsten jedoch aus anderen Nationalitäten.

Es ist nicht völlig auszuschließen, dass Moskau einen Kompromissvorschlag vom März 2006 wieder auf den Tisch legt. Danach sollte Iran aus Gründen der Gesichtswahrung eine auf 164 Zentrifugen begrenzte Anlage zur Urananreicherung auf eigenem Territorium behalten – unter strikter 24-Stunden-Kontrolle durch die Internationale Atomenergie-Agentur. Die industrielle Anreicherung zur Energiegewinnung sollte jedoch in einer Anlage auf russischem Territorium stattfinden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte diesen Vorschlag damals bei einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin begrüßt, bevor Moskau ihn nach massivem Druck durch die Bush-Administration wieder zurückzog. Beides – ein Einknicken Russlands vor den USA wie auch die Unterstützung Deutschlands für einen Moskauer Kompromissvorschlag – ist nach der Eskalation im Kaukasus zumindest auf absehbare Zeit nicht mehr vorstellbar.

Welche Konsequenzen China und Israel für ihr eigenes Verhalten gegenüber Iran aus dem Kaukasuskonflikt gezogen haben, ist noch nicht zu erkennen. ANDREAS ZUMACH