Ende des KSE-Vertrags?

Problem Abrüstung: Der Konflikt in Georgien könnte weitere Abkommen unmöglich machen. Das betrifft auch den Start-Vertrag

GENF taz ■ Der Krieg in Georgien, das Abkommen zwischen den USA und Polen über die Stationierung amerikanischer Raketen sowie Moskaus Anerkennung von Südossetien und Abchasien: All dies hat eine Lösung der zum Teil schon seit Jahren schwelenden Streitfragen zwischen Russland und dem Westen auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle noch weiter erschwert.

Das gilt in erster Linie für den Vertrag über die Begrenzung konventioneller Streitkräfte in Europa (VKSE), der 1990 von den 23 Mitgliedstaaten der Nato und der Warschauer Vertragsorganisation (WVO) abgeschlossen wurde. Das Abkommen definierte für das Territorium zwischen Atlantik und Ural Zonen mit Obergrenzen für die Stationierung von Truppen, Panzern, Artilleriegeschossen sowie von Kampfflugzeugen und Hubschraubern.

Nach der Auflösung des Warschauer Pakts, der Entstehung neuer Nationalstaaten auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion sowie der Aufnahme ehemaliger Bündnispartner Moskaus in die Nato wurde der KSE-Vertrag 1999 von seinen ursprünglichen Unterzeichnerstaaten den neuen Gegebenheiten angepasst. Diese Vertragsversion wurde 2004 zwar von Moskau ratifiziert – bis heute jedoch nicht von den USA und weiteren Nato-Staaten. Sie bestanden darauf, dass Russland zuvor den in einem Abkommen außerhalb des angepassten KSE-Vertrages zugesagten Abzug seiner Truppen aus Georgien und Moldawien vollständig umsetzt.

Im Dezember 2007 erklärte Moskau, dass es sich vorläufig nicht mehr an den KSE-Vertrag gebunden fühlt. Der damalige russische Präsident Putin begründete die Aussetzung des Vertrags mit seiner Nichtratifizierung durch Nato-Staaten und den US-Raketenplänen für Polen und Tschechien.

Zudem monierte Putin, dass die USA durch ihre militärische Präsenz, Aufrüstungs- und Ausbildungshilfe in Georgien und im Schwarzen Meer gegen den KSE-Vertrag verstießen. All diese Konflikte sind seit Anfang August erheblich eskaliert. Das endgültige Aus für den vor 18 Jahren als „wichtigster Eckpfeiler“ für Europas Sicherheit gefeierten KSE-Vertrags ist nicht auszuschließen.

Das Abkommen zwischen Washington und Warschau über die Raketenstationierung in Polen hat auch die Chancen für weitere Rüstungkontrollvereinbarungen zwischen den USA und Russland verschlechtert. Das letzte noch bestehende Abkommen, der Start-Vertrag über die Reduzierung strategischer Raketensysteme, läuft 2009 aus. Bei den bisherigen Sondierungen über ein Nachfolgeabkommen hatte Russland mit Verweis auf die „Modernisierung der US-Atomwaffenstreitkräfte“ Anpassungen verlangt, die von den USA abgelehnt wurden. ANDREAS ZUMACH