In der Steppe Kasachstans

Problem Afghanistankrieg: Moskau droht die Kappung der Nachschubwege, doch das bei den zentralasiatischen Staaten durchzusetzen, scheint wenig wahrscheinlich

BERLIN taz ■ Russland droht der Nato in Afghanistan. So sagte der russische Botschafter in Kabul, Samir Kabulow, der Times, dass Moskau den Abzug der Basen der Nato-Staaten in Zentralasien durchsetzen und vor allem den Nachschubweg für diese Basen über russisches Territorium kappen könnte. Zurzeit sind Truppen der USA in Kirgisien, Soldaten Frankreichs in Tadschikistan und deutsche Bundeswehr in Usbekistan stationiert, um von dort aus den Afghanistaneinsatz zu koordinieren.

Ob Russland die zentralasiatischen Staaten wirklich zwingen kann, gegen die Interessen der Nato vorzugehen, ist fraglich. Auf dem Gipfeltreffen der Schanghai-Organisation vor wenigen Tagen zeigte sich gerade der usbekische Präsident, Islam Karimow, besorgt über die derzeit besonders angespannte Lage in Afghanistan. Zugleich erklärte er die Bereitschaft seines Landes, weiterhin zu helfen.

Am selben Tag besuchte der Kommandant der US-Streitkräfte für Zentralasien, General Martin E. Dempsey, Usbekistan. Im dortigen Karschi gab es bis 2005 ebenfalls eine US-Basis. Die Amerikaner mussten nach dem Massaker von Andischan, als die internationale Öffentlichkeit eine Untersuchung der Vorfälle forderte, das Land jedoch verlassen. Nun sind Anzeichen zu beobachten, dass Usbekistan bereit ist, die US-Truppen zurück ins Land zu lassen. Offiziell erklärte die US-Botschaft in Taschkent, dass über die Neueinrichtung der Basis nicht verhandelt werde.

Die kirgisische Führung hält ebenfalls an dem US-Truppenstützpunkt in dem Land fest, obwohl nach einem Beschluss der Schanghaier Organisation von 2005 alle US-Truppen die Region zwischen Kaspischem Meer und chinesischer Grenze verlassen sollten. Kirgisien begründete seine Bereitschaft, auch gegen diesen Beschluss US-Soldaten im Land zu belassen, gerade mit der angespannten Lage in Afghanistan.

Russland hat jedoch die Möglichkeit, den Luftraum zu sperren, die meisten Transportflugzeuge nach Bischkek, Termes oder Duschanbe gehen über Russland. Als Alternativroute bliebe nur ein schmaler Korridor über Georgien, Aserbaidschan und das Kaspische Meer nach Kasachstan. Wegen der ungelösten Statusfrage des Kaspischen Meeres ist unklar, ob Moskau hier ein Überflugrecht blockieren kann. Viele Güter für den Afghanistan-Nachschub werden auf dem Schienenweg durch Russland transportiert. Besonders die Bundeswehr bekommt so über 90 Prozent. Hier könnte Russland die Durchfahrt blockieren, und die Nato müsste alle Waren über den Kaukasus per Schiff nach Kasachstan und weiter durch die Steppe mit dem Zug nach Zentralasien bringen. MARKUS BENSMANN