Das Gefühl ist besser

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Im Chinarestaurant Hot Spot nahe dem Ku’damm wird ohne Glutamat gekocht

Im Wilmersdorfer Chinarestaurant Hot Spot nahe dem Kurfürstendamm ist wenig los. Es ist Sonntagabend, und man meint sogar ein wenig Katerstimmung zu spüren. Silbrig glänzende Rechauds stehen unbefeuert und leer auf dem Büfett vor der Theke, die vielen ausliegenden Magazine werden nicht gelesen.

Am Sonntagabend fehlen wohl beide der gängigen Ku’damm-Spezies. Die Berlin-Touristen sind gerade noch mit dem Billigflieger nach Italien zurückgeflogen – und die Büromenschen treten erst wieder am nächsten Tag ihren Dienst an. Oder liegt es daran, dass just an diesem Tag Olympia in Peking zu Ende gegangen ist?

Am Hot Spot selbst scheint es jedenfalls nicht zu liegen. Zwar wird das in die Länge gezogene Lokal niemals einen Designpreis erhalten, innen konventionell, wenn auch ohne rotlackierte Holzelemente, draußen etwas aufdringliche Leuchtschrift. Die wenigen anderen Gäste – zwei Frauen im problemorientierten Gespräch und eine laute, nicht dem Essen, sondern dem Rotwein zugewandte Gruppe – wirken wie Menschen, deretwegen man sich nicht aus dem Haus bewegen muss. Die Bedienung jedoch ist freundlich und zurückhaltend. Es ist völlig okay, das Hauptgericht nach den Vorspeisen zu bestellen.

Während man über China grübelt und sein eigenes Olympia-Resümee zieht, fällt auf, dass die Minifrühlingsrollen zwar gut, aber nicht besonders anders schmecken als anderswo auch. Dafür ist das Gefühl dabei besser. Im Hot Spot nämlich wird ohne Glutamat gekocht, und die Gewürze kommen direkt aus China.

Wirklich anders als die üblichen Vorspeisen beim Chinesen schmeckt die Wantan-Suppe mit rotem Chili, doch da fangen auch gleich die Differenzen an. Der eine Begleiter ist ein in China Weitgereister und hält sich lieber an das hervorragende, leicht säuerliche, durchgekochte Rindfleisch. Der andere Begleiter genießt die ölige Chilibrühe.

Bei den Hauptspeisen sind alle hochzufrieden, wenn sich auch alle einig sind, dass das Shanghai-Huhn – knusprig gebratenes und paniertes Fleisch auf einem Gemüsebett – etwas verblasst gegen das Rindfleisch in einer Chili-Ingwer-Knoblauch-Pfeffer-Sauce. Die ist auf der Karte mit vier Chili gekennzeichnet. Das ist eben schön scharf und das, was wir uns unter asiatischer Küche vorstellen.

Ob’s wirklich original chinesisch war? Der Halbwegs-Chinaexperte will sich bei dieser Frage nicht festlegen. Unserem Geschmack kam es jedenfalls sehr entgegen.

RESTAURANT HOT SPOT, Eisenzahnstr. 66, 10709 Berlin-Wilmersdorf, (0 30) 89 00 68 78, täglich 12 bis 23.30 Uhr, U-Bhf Adenauer Platz, Tsingtao-Bier 2,90 €, Vorspeisen ab 3,30 €, Hauptgerichte ab 6 €, auch kleine Portionen