berliner szenen Felix Austria

Zigaretten und Pilze

Rainer und ich sprachen über Neukölln und das Stuwerviertel, über Gentrifizierung in Berlin und Wien. In der Kneipe namens Ä hat mich kürzlich der Freund einer Freundin gefragt, ob ich auch im Keller aufgewachsen sei, erzählte ich Rainer. Ob man jetzt als Österreicherin, die im Ausland lebt, dazu verpflichtet sei, die Vorzüge der Heimat besonders zu betonen, fragte ich ihn.

Er war gerade auf Berlinbesuch. „Was tut sich denn überhaupt mit Amstetten und dem Keller-Fritzl?“, wollte ich von ihm wissen. „Net viel“, antwortete Rainer, überlegte kurz und schob nach: „Dafür hams jetzt den Vierfachmörder gefasst.“ „Den Hackenmörder?“ „Nein, den Halbblinden. Auf einem Campingplatz“, erklärte Rainer und zündete sich eine Zigarette an. „Und wie schauts jetzt hier mitm Rauchverbot aus?“, fragte er.

Ich gab wieder, was ich wusste, und weil es ausgesprochen kalt war, erinnerte ich mich an die Debatte über Heizpilze. „In Österreich ham ma ja jetzt auch grad eine Schwammerldiskussion“, fiel Rainer dazu ein. Er erzählte von Italienern, die in Horden einfallen und die Waldböden leer fegten. Angedacht sei nun, berichtete Rainer, den Pilzsammeltourismus zu beschränken.

Ich wollte ihm eine Freude machen und fragte nach Fußball. „Schlechtes Thema“, brummelte er und nahm einen Schluck Bier. „Rapid ist ausgeschieden! Die hams geschafft, gegen einen zypriotischen Verein drei zu null zu verlieren, und dann nur ein drei zu eins.“ Jetzt sah Rainer meinen ratlosen Blick. „Drei null verlieren, drei eins gewinnen, heißt: ausgeschieden.“ Und nach einer Pause: „Alles wegen dem eingekauften deutschen Goali.“ Am nächsten Tag ging ich mit einem deutschen Freund ins Sissi in Schöneberg Marillenknödel essen. CHRISTINE ZEINER