Moneten fürs Militär

Das Kabinett beschließt, in Afghanistan ein wenig mehr Geld für zivile Hilfe auszugeben. Die Armee kriegt mehr

BERLIN taz ■ Die Schlussbemerkung des neuen Afghanistan-Berichts der Bundesregierung beginnt mit einem Seufzer: „Es gibt keine einfache und keine rasche Lösung für die Probleme in Afghanistan“, heißt es in dem 32-seitigen Papier, das gestern durchs Kabinett gewunken wurde. Die Ministerien des Auswärtigen, des Innern, der Verteidigung und der Entwicklung haben darin der deutschen Afghanistan-Politik den vertrauten Aufbaubekenntnissen eine nachdenklichere Note hinzugefügt.

So teile die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung die Ziele der internationalen Gemeinschaft. Demnach sei der Wiederaufbau nur mit militärischer Absicherung möglich und müsse die Gewährleistung der Sicherheit schrittweise „afghanisiert“ werden. „Allerdings ist auch sichtbar geworden, dass in einem Teil der afghanischen Bevölkerung Zweifel am Wiederaufbau“ bestehen, heißt es im Bericht. Im Folgenden wird dies jedoch auf die Korruption der afghanischen Behörden zurückgeführt, nicht etwa auf Probleme am Isaf-Wiederaufbaumandat oder gar am Antiterrorkampf-Mandat OEF.

Insbesondere auf „subnationaler Ebene“ müsse die Verwaltung verbessert werden, schreiben die Autoren. Die Wahlen 2009 und 2010 stellten die afghanische Regierung vor zusätzliche „beträchtliche Herausforderungen“. Nur ganz leicht klingt hier eine Kritik am vom Norweger Kai Eide geleiteten UN-Einsatz durch. So wolle die Bundesregierung „auf die weitere Ausdehnung der Präsenz von UNAMA in alle Landesteile drängen“. In jüngerer Zeit beklagten Militärs vor Ort, dass die Vereinten Nationen ihren Anteil am Wiederaufbau nicht leisteten.

„Zu wenig Aufmerksamkeit“ habe die internationale Gemeinschaft dem Aufbau der Justiz gewidmet, so der Bericht. Nun hat sich das für den Justizaufbau zuständige Italien bislang um einen Rechtsstaat in Afghanistan nicht gekümmert. Doch fehlt jede Schuldzuweisung im Text.

Ein Grund dafür zeichnet sich auf derselben Seite ab. Die größte Bedrohung der Menschenrechte gehe auch „von manchen Kommandeuren der afghanischen Sicherheitskräfte aus“. Deutschland, das für den Polizeiaufbau in Afghanistan zuständig zeichnet, hat hierin bislang ebenfalls versagt und den Job dann der EU zugeschoben. Für 2008 sollen nun die Mittel dafür auf 35,7 Millionen Euro verdreifacht werden. Die Zahl der deutschen Polizisten in Afghanistan bewegt sich aktuell jedoch im zweistelligen Bereich. Bis 2013 soll die afghanische Polizei 82.000 Polizisten umfassen.

Entwicklungsministerin Heidi Wieczorek-Zeul hatte erst am Montag ihre Zusagen um 30 Millionen Euro aufgestockt, sodass dieses Jahr 170 Millionen Euro von Deutschland in den zivilen Wiederaufbau Afghanistans fließen. Mit 1,1 Milliarden Euro für 2002 bis 2010 sei Deutschland viertgrößter bilateraler Geber, schreibt die Regierung. Das deutsche Militärengagement kostet dieses Jahr 500 Millionen Euro.

Mindestens 200 Millionen Euro zivile Mittel forderten deshalb die Grünen. Sie bereiten sich auf eine Abgrenzung vom Bundestagsmandat für den Afghanistan-Einsatz im Oktober vor. ULRIKE WINKELMANN