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: Krise im Kino

Der mittlere Saal des Programmkinos war gut gefüllt, als sich zwei junge Frauen in die letzte Reihe setzten. Die Werbung hatte noch nicht begonnen und die beiden machten es sich auf ihren Sesseln bequem: Sie zogen ihre Schuhe aus und positionierten ihre blanken Füße auf die Rückenlehne des vorderen Sitzes.

Es schien sich niemand daran zu stören, dass sie sich offenbar wie zu Hause fühlten. Außer dem betroffenen Sesselinhaber in der vorletzten Reihe acht. „Könnten sie ihre Mauken aus meinem Nacken nehmen“, raunzt er nach hinten. „Entschuldigung, aber sie sind so klein, dass ich sie auf dem Sessel gar nicht wahrgenommen habe“, sagt die angesprochene Frau, grinst und stellt ihre Füße auf den Boden.

Der Film lief keine Viertelstunde, da klingelte im vorderen Kinosektor ein Handy. Während die Dame in der dritten Reihe in ihrer Tasche kramte, rutschte der Mann in Reihe acht bereits unruhig auf seinem Platz. „Hallo? Du, ich kann jetzt nicht“, sprach sie in ihr Mobiltelefon – zu viel für Reihe acht. Dabei hatte er in den Reihen fünf und vier verbündete gefunden. Zu dritt schimpften sie nun über die Sitze hinweg auf die Frau am Handy ein.

Die anderen Kinobesucher trauten sich mittlerweile nicht einmal mehr zu flüstern. Aus allen Reihen hörte man ständig „Pssst“. Niemand griff mehr in die Popcorntüte oder schlürfte durch den Strohhalm die letzten Reste seiner Cola. Besser hätte das Drehbuch nicht sein können – ganz großes Programmkino! Julian König