Eins und eins macht mehr als zwei

Auf der Fairen Woche 2008 soll es nicht nur gerecht, sondern auch ökologisch zugehen. Zwei Wachstumsmärkte rücken enger zusammen. Mit 2.500 gemeldeten Aktionen ist die bundesweite Kampagne dieses Jahr fast doppelt so groß wie 2007

VON MANDY KUNSTMANN

Anhänger eines sehr korrekten Umgangs mit der deutschen Sprache werden in einigen Tagen wohl Bauchschmerzen bekommen. Bundesweit wird sich „fairgnügt“, wird auf „Fairwöhnmärkten“ flaniert und bei „Fairköstigungen“ der Appetit gestillt. Sprachlich mag die Reklame für die siebte Faire Woche aufstoßen, politisch geht es aber korrekt zu: Soll die vom Forum Fairer Handel organisierte Veranstaltungsreihe doch den Produzenten und Erzeugern in den armen Ländern zu angemessenen Erlösen und neuen Märkten verhelfen. Rund 2.500 Veranstaltungen sind vom 15. bis 28. September geplant. Die Spanne reicht vom kulinarischen Streifzug durch die Angebote der Importeure über spektakuläre Werbeaktionen bis zur Information über die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern der immer begehrteren Waren.

Der Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf Produkten, die gleich zwei Bedingungen erfüllen: Sie müssen unter fairen Bedingungen hergestellt und gehandelt werden, zusätzlich aber auch noch aus biologischem Anbau stammen. Denn fair heißt nicht zwangsläufig auch ökologisch, obwohl sich beides in den Augen der Veranstalter prächtig ergänzt. „Doppelt gut! Bio im Fairen Handel“ lautet das Motto in diesem Jahr, mit dem wie schon 2007 tausende Besucher an die Stände gelockt werden sollen. „Das ist ein Superthema“, ist die Koordinatorin der Fairen Woche, Melanie Leucht, vom Erfolg der Veranstaltung überzeugt.

Tatsächlich greifen die Initiatoren einen schon länger anhaltenden Trend auf. Sowohl fair gehandelte als auch ökologisch hergestellte Lebensmittel erleben seit Jahren einen kontinuierlichen Boom. Nach Berechnungen der Fairtrade Labelling Organisation (FLO) gaben die Konsumenten rund um den Globus im letzten Jahr 2,3 Milliarden Euro für Lebensmittel aus, für deren Produktion die Bauern und Verarbeiter gerecht entlohnt werden. Das ist zwar im Vergleich zu den Gesamtausgaben für das Essen und Trinken verschwindend wenig, doch Wachstumsraten von 50 Prozent sprechen für ein gewaltiges Potenzial des Marktes. Die Verbraucher greifen auch immer häufiger zu Bioprodukten.

Laut einer unter anderen vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) veröffentlichten Studie wuchs der Umsatz, der mit ökologischen Waren erzielt wurde, um 13 Prozent auf 38,6 Milliarden US-Dollar. Dieser Aufwärtstrend setzt sich auch auf dem deutschen Markt fort. Nach Angaben des Forums Fairer Handel gaben die Bundesbürger 2007 für Waren mit Fairtrade-Siegel rund 142 Millionen Euro aus, fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Zählt man auch fair gehandelte Produkte mit, die das Siegel nicht tragen, sind es 193 Millionen Euro. In den letzten vier Jahren hat sich der Umsatz fast verdoppelt.

Bei der Importorganisation Gepa ist man von der Kombination überzeugt. „Bio und fair, das geht für uns Hand in Hand“, so Gesamtvertriebsleiter Michael Klaiber, „bio ist für uns Nachhaltigkeit.“ Der Einfuhrhändler bestreitet fast Dreiviertel seines Umsatzes mit Ökoprodukten.

Die an der Fairen Woche beteiligten Firmen lassen sich einiges einfallen, um noch mehr Konsumenten auf ihre Seite zu ziehen. Ein Höhepunkt ist der „Fairtrade Banana Day 2008“ (s. faire veranstaltungen). Auch der kulturelle Austausch kommt nicht zu kurz. Bei einigen Aktionen werden auch wieder die Produzenten aus dem Süden vor Ort sein und über ihre ganz persönliche Lebensgeschichte berichten.

Die Politik hat die Bedeutung des fairen Handels längst erkannt. „Er ist Hilfe zur Selbsthilfe, indem er weit über einer Million Produzentenfamilien in Afrika, Asien und Lateinamerika eine faire Chance gibt, ihre wirtschaftliche und soziale Existenz zu sichern“, so Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die auch dieses Jahr die Schirmherrschaft der Veranstaltung übernimmt.

Mit 2.500 gemeldeten Aktionen ist die Faire Woche dieses Jahr übrigens fast doppelt so groß wie im letzten Jahr. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: Im Osten scheint das Interesse an einem fairen Umgang miteinander nicht sonderlich hoch zu sein. Der Großteil der Aktivitäten findet wieder einmal in den alten Bundesländern statt. Warum das so ist, kann sich Koordinatorin Leucht nicht so recht erklären: Man habe einiges getan, um dieses Jahr auch die Bürger in den neuen Bundesländern verstärkt mit einzubeziehen.