Polizei ganz bescheiden

Ermittler entdecken Dateien mit kinderpornografischen Inhalten auf dem Computer eines Kollegen, finden die Information darüber aber offenbar nicht ganz so wichtig

von Felix Zimmermann

Es gibt Tage, an denen verrichten die Beamten der Pressestelle der Bremer Polizei ihren Dienst ganz leise und staubtrocken. Dann wollen sie gar nicht viel Aufmerksamkeit für ihre Arbeit – vor allem, wenn es um mögliche Verfehlungen ihrer eigenen Kollegen geht.

Zum Beispiel am vergangenen Freitag: Da erhielten die Redaktionen am späten Nachmittag per E-Mail eine Pressemitteilung mit einer völlig unverfänglichen Betreffzeile: „POL-HB: Nr. 0597 – Nachtrag zu Nr. 0553 vom 22.08.2008...“ Mehr stand da nicht. Es liegt wohl nur an der Achtsamkeit der Journalisten sämtlicher Bremer Redaktionen, dass die Meldung nicht übersehen wurde. Wegen Belanglosigkeit, denn die sprach ja schon aus dem Betreff. Wen interessiert schon „ein Nachtrag zu Nr. 0553“? Und was war nochmal die Pressemitteilung mit dieser Nummer, verschickt drei Wochen zuvor? Dass dieser Nachtrag brisante Vorwürfe gegen einen Polizeibeamten enthielt, ging aus dem Betreff jedenfalls nicht hervor. Zwar tauchte das Signalwort „pornografische Dateiinhalte“ dann in der Überschrift auf, aber im Text musste man sich erschließen, dass es ein 48-jähriger Polizeibeamter war, der unter Verdacht steht, kinderpornografische Darstellungen auf seinem privaten Computer gespeichert zu haben. Zunächst war gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue ermittelt worden. Er hatte aus Polizeibeständen ein Auto ersteigert, dass danach offenbar mit Teilen im Wert von 800 Euro aufgebessert worden war.

Dass es nun Hinweise auf ein viel schlimmeres Vergehen gibt, war Grund für den Nachtrag, aber nicht Grund genug, mit diesem Ermittlungserfolg der Zentralen Antikorruptionsstelle (ZAKS) der Bremer Polizei in den eigenen Reihen offensiv an die Öffentlichkeit zu gehen; etwa so laut und deutlich wie im Fall eines Fahrraddiebes, dem sich die Pressestellendichter kürzlich ausführlich und lautsprecherisch gewidmet hatten. Über den hatten sie sich in einer Pressemitteilung regelrecht lustig gemacht, verglichen seinen Fluchtversuch mit den „nicht immer olympischen Disziplinen Crossrad, Hindernislauf, Sprint, Kopfsprung, Tauchen und Schwimmen“, weil er in der Dunkelheit in den Wallgraben gestürzt war. Am Ende, scherzten die Beamten, habe ein „Empfangskomittee“ gewartet, „das den Mehrkämpfer in seine Obhut nahm“, der auch noch „gedopt“ – also alkoholisiert – gewesen sei. Offen ließen sie, „welche Urkunde ihm der Richter für seine Leistungen ausstellen wird.“

Möglich, dass die Pressestelleninsassen endlich mal wieder Spaß haben wollten, wo sie doch in jüngster Zeit des öfteren Peinlichkeiten nach Außen kommunizieren mussten: Im August war ein Polizist als Bankräuber aufgefallen, im Frühjahr hatten Kollegen Drogen verteilt, um an Informationen aus der Drogenszene zu kommen.

Weder in der Pressestelle noch beim Innensenator allerdings findet man die unauffällige Betreffzeile in der Mitteilung über den an Kinderpornographie interessierten Polizisten fragwürdig. Man habe den Erfolg der Ermittlungen vermelden wollen, das sei die übliche Form, außerdem sei das Wort „Pornografie“ auffällig genug – auch wenn es erst spät und ohne das Signalwort „Polizist“ auftaucht.