Traumberuf: Kanzlerin?

Um Mädchen Alternativen zu Sackgassenberufen zu zeigen, hat die Bremerhavener Frauenbeauftragte das Mentorinnenprogramm aufgelegt: Alltagschnuppern am weiblichen Vorbild

Der Tag, an dem junge Frauen ganz selbstverständlich „Bundeskanzlerin“ als Traumberuf angeben können, rückt zwar möglicherweise näher. Aber ein lebendes Vorbild gibt es noch nicht. Stattdessen wählen immer noch viel zu viele Mädchen Berufe, die in die Sackgasse führen: Friseurin, Krankenschwester, Erzieherin oder Verkäuferin. Schlecht bezahlte Positionen ohne Aufstiegschancen. Eine Misere, die zu bekämpfen die Bremerhavener Gleichstellungsbeauftragte sich vorgenommen hat. Dafür hat sie im gerade abgelaufenen Jahr erstmals ein „Mentorinnenprojekt“ aufgelegt, das nach einem zaghaften Start nun auch dieses Jahr weitergeführt werden soll – vorausgesetzt, es gäbe ein bisschen Geld dafür.

Die Idee, die ursprünglich von zwei Bremerhavener Lehrerinnen stammt, ist einleuchtend: Schülerinnen im besten Berufsbildungsalter, zwischen Klasse 8 und 13 also, können mit Hilfe von Mentorinnen einen tiefen Blick in den Alltag ihres Traumberufs werfen. Zwar nahm am Bremerhavener „Mentorinnenprogramm“ keine Staatssekretärin als erfahrenes Berufsvorbild teil, und auch eine Bundeskanzler-Anwärterin war nicht im Aufgebot. Doch boten immerhin acht Profi-Frauen in überwiegend von Männern dominierten Positionen – von der Ingenieurin bis zur Personalleiterin – an, eben so viele ausgewählte Mädchen mehrere Monate lang über ihre Schulter gucken zu lassen, damit diese Berufswünsche und Führungspositionen auskundschaften könnten – oder Berufswünsche austesten. Am besten beides zusammen – so jedenfalls das Credo des kleinen Programms, das bislang nicht viel Aufhebens von sich macht, auch wenn es in Deutschland Seltensheitswert haben dürfte – weswegen es auch bei einem Bundestreffen der Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Hamburg vorgestellt wurde.

„In Bremerhaven hat alles ganz klein begonnen“, sagt Hilla Ehmke, quasi Mädchenbeauftragte im Büro der Bremerhavener Frauenbeauftragten. Sie übernahm es, die Profifrauen ausfindig zu machen, während die „Frauenbeauftragte Schulen“ wirbelte, um ihrerseits Schülerinnen und LehrerInnen zu begeistern – mit anfänglich mäßigem Erfolg, denn für die Schülerinnen bedeutete die Teilnahme jede Menge Freizeitverlust: Einmal pro Woche sollten sie ihre Mentorin nachmittags auf deren Arbeitsstelle treffen. Bei den Mentorinnen freilich reichte nicht nur deren eigenes Interesse. Auch der Arbeitgeber musste Ja sagen. Das taten schließlich das Alfred-Wegener-Institut, die Baubehörde, natürlich die Frauenbeauftragte, außerdem eine Motorradwerkstatt und das Arbeitsamt. Nicht alle mit durchgehend großer Begeisterung – aber die allermeisten mit ausreichend Wohlwollen, um das Programm auch künftig mindestens weiter zu empfehlen, so Hilla Ehmke. „Nun kommt es auf die Schulen an“ – wo das mädchenzentrierte Angebot allerdings in den Augen vieler Lehrkräfte mit den ohnehin üblichen Berufspraktika konkurriere.

Und auch aufs Geld kommt es an: „Die meisten Teilnehmerinnen hätten gerne mehr Begleitung gehabt“, sagt Ehmke. Es reiche nicht aus, die Personen zusammen zu bringen und sie dann sich selbst zu überlassen. Doch „nebenbei“ lasse sich dies von der Bremerhavener Gleichstellungsstelle nicht organisieren. Sie hofft auf eine Honorarkraft, damit die ungewöhnliche Idee ausgebaut werden kann. ede