Genescan verlässt Bremen

Das Biotech-Unternehmen wandert nach Freiburg ab, und das Prognos-Institut sieht in seinem jüngsten „Technologieatlas“ für Bremen schwarz: Die Stadt landet hinter Bielefeld und dem Allgäu auf Platz 54 im Ranking der deutschen Regionen

Hanse-Analytik war einmal eine Vorzeige-Firma im Bremer Technologiepark: moderne Biotechnik, hervorgegangen aus der Arbeit im Fachbereich Biologie. Zur richtigen Zeit hätten sich an der Bremer Uni die richtigen Leute getroffen, zitierte die taz einmal einen Vertreter von Hanse-Analytik – obwohl doch „die Szene in Deutschland in München“ sei. Aus ganz Europa werden Lebensmittel nach Bremen gebracht und auf gentechnisch veränderte Substanzen hin analysiert.

In ein paar Wochen werden die MitarbeiterInnen von Hanse-Analytik ihre Sachen packen und umziehen oder sich arbeitslos melden. Vorbei die Zeit, in der Biologiestudenten bei dem renommierten Unternehmen nebenan ihre Diplomarbeit machen konnten. Denn Hanse-Analytik hat schon vor längerer Zeit mit der Genescan-AG fusioniert – und die konzentriert ihre Kapazitäten in Freiburg.

Für den Vorstandsvorsitzenden der Genescan, Ulrich Birsner, war es nie eine Frage, sein Unternehmen nach Bremen zu verlagern – die Musik spielt in der Biotechnologie eben in Süddeutschland. Zwischen Frankfurt und Basel sitzt die Pharmaindustrie, Ulrich Birsner ist gleichzeitig Vorsitzender des Lobby-Vereins BioValley Deutschland, Bremen gehört nicht zu diesem Tal.

Ob die Manager von Genescan das ernst nehmen, wenn der Bremer Senat ein Programm „Innovision 2010“ beschließt mit dem Vorsatz, Bremen in den kommenden sieben Jahren zu einer der führenden Technologieregionen Deutschlands zu machen? Ob sie wissen, dass das „Cluster“ Lebensmitteltechnologie dabei oben an stehen soll?

Das sei ein „sehr anspruchsvolles Ziel“, hat jetzt auch der neue Technologiebeauftragte des Landes, der frühere Uni-Rektor Jürgen Timm, in einem Rundschreiben zum Amtsantritt formuliert. Er will das Bundesland als Technologiestandort in der öffentlichen Darstellung „profilieren“, das sei bisher „im Mittelfeld der bundesdeutschen Regionen“ angesiedelt.

Das mit dem „Mittelfeld“ ist nett gesagt. Die Prognos AG hat jüngst in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Wirtschaftwoche ihren „Technologieatlas“ aus dem Jahre 2000 aktualisiert. Darin wird die technologische Leistungsfähigkeit der Regionen in Deutschland verglichen. Für Bremen ist das Ergebnis wenig schmeichelhaft: Seit der letzten Erhebung (2000) hat sich die Stadt gerade von Platz 55 der Ranking-Liste auf Platz 54 von insgesamt 97 Plätzen hochgearbeitet. Weit vor Bremen liegen Städte wie Aachen, Bonn, Bielefeld – und das Allgäu. Bremerhaven liegt mit Platz 90 ganz am Ende, hinter dem Emsland (81). Zu den Spitzenregionen technologischer Leistungsfähigkeit zählen die wirtschaftlich potenten Ballungsräume Südwestdeutschlands: München, Stuttgart, Starkenburg (Darmstadt) und der Mittlere Oberrhein. Unternehmen und anwendungsbezogene Forschungseinrichtungen machen für die Studie die Erfolgsbasis von innovativen Kompetenzregionen aus. In sich geschlossene Technologieunternehmen, wie sie Bremen im Raumfahr- und Rüstungssektor hat (STN), tragen weniger zur Entwicklung einer Region bei als breit kooperierende mittlere Unternehmen.

Die Prognos-Studie untersuchte auch, wie stark die Städte oder Regionen ihr Potential nutzen. Da hat Bremen eine glatte „6“ bekommen, den denkbar schlechtesten Wert: ungenügend. Mit dieser Bewertung hat Prognos den Ärger darüber messbar gemacht, dass viele Regionen aus ihren Technologiekapazitäten zu wenig machen. Prognos-Projektleiter Reinhard Schüssler: „Das ist zum Fenster hinausgeworfenes Geld. Viele Regionen könnten besser dastehen, wenn sie ihre Möglichkeiten optimal nutzen würden.“ K.W.