Mit der Pulsuhr über harten Schnee

Während sich die Hertha-Spieler für die Rückrunde warm laufen, sieht der Trainer richtig guten Fußball: im TV

Huub Stevens ist kein Freund des Hallenfußballs. Deshalb müssen die Profis auch bei bitterkaltem Wetter raus. Gestern hüpften, sprangen, sprinteten sie über den beheizten Kunstrasenplatz unweit des Olympiastadions. Das sollte die Gelenke schonen. Die übrigen Plätze waren von einer harten Schneeschicht bedeckt.

Der Brasilianer Nene musste trotz des weichen Bodens, der aus Vorsicht gewählt wurde, das Training früher beenden. Es kniff leicht im Oberschenkel. Bis auf Mittelfeldspieler Andreas Neuendorf sind aber alle Herthaner gesund. 28 waren es, die am Sonntagmorgen trainierten – bei sieben Grad minus. Es geht derzeit darum, Kondition für die Rückrunde aufzubauen. Und den Feiertagsspeck zu bekämpfen. Am 25. Januar steht das erste Pflichtspiel an.

Damit sich die Profis in den freien Tagen beherrschen, wurden sie vor Urlaubsantritt gewogen. Eine Pulsuhr sollte für die nötige Bewegung sorgen. Ein Computer zeichnete darin auf, wie oft gejoggt wurde. Am Freitag mussten die Spieler erneut auf die Waage steigen und die Uhren abliefern. „Was ich so gesehen habe“, sagt Trainer Stevens, „ist der Zustand okay.“

Auch die Problemfälle, der ungarische Torwart Gabor Kiraly und der Brasilianer Alex Alves, trieben es in der Heimat nicht allzu opulent. Ein Laktattest, am Samstag durchgeführt, wird letzte Erkenntnisse in Sachen Fitness bringen. „Ich gehe davon aus, dass alle Tests gut sind“, hofft Stevens, jedenfalls konnte er in den Einheiten am Wochenende keinen Spieler der heimlichen Völlerei überführen. Es ist ja denkbar, dass die Uhr an anderer Läufer Handgelenk hing, während der Hertha-Angestellte seine Hausaufgaben schwänzte. Doch anscheinend haben alle das persönlich zugeschnittene Programm absolviert.

Auch Stevens hat sich ein bisschen bewegt, saß aber mehr vorm Fernseher, um sich Spiele anzuschauen. „Es geht halt nie ohne Fußball“, bekennt er. Englische Kicks hat er geguckt, auch ein paar spanische und holländische waren dabei. „Wenn du Arsenal siehst, das ist schon super“, sagt Stevens über das schnelle Kombinationsspiel des Klubs aus London. „Das Spiel wird immer schneller und schneller.“

Am liebsten würde Stevens seiner Hertha den Stil Arsenals verordnen. In der Rückrunde soll sich die Sicherheitsstrategie der Berliner nämlich wandeln in Sicherheit plus Ästhetik. Sagt zumindest Huub Stevens. „Wir wollen besseren, attraktiveren Fußball spielen, wir haben noch nicht gezeigt, was in uns steckt.“

Hertha steht auf Platz neun, vier Punkte von einem Uefa-Cup-Platz entfernt, zehn von einem Champions-League-Platz. Eine Siegesserie muss dringend her, damit Hertha Anschluss bekommt. Stevens: „Wir sind nicht zufrieden.“

Manager Dieter Hoeneß erklärte am Freitag, dass im Januar keine neuen Spieler verpflichtet werden. „Wir sind absolut überzeugt davon, dass unser bestehender Kader die Substanz besitzt, um unsere Ziele zu erreichen.“ Die Meldung, die in der brasilianischen Zeitung Zero Hora verbreitet wurde, dass Stürmer Luizao gegen Luis Mario von Gremio Porto Alegre getauscht werden soll, erwies sich als „Fehlmeldung“, so Hoeneß.

Am kommenden Samstag geht es ins Trainingslager nach Antalya. Hertha nimmt dort an einem Turnier mit Werder Bremen, Fenerbahce Istanbul, Trabzonspor, PSV Eindhoven und Spartak Moskau teil. An der harten Konditionsarbeit wird sich in der Türkei nicht viel ändern, allerdings werden die Temperaturen dort freundlicher sein. Die Brasilianer im Team, diesmal allesamt rechtzeitig aus der Heimat zurück und sichtlich unter dem Kälteschock leidend, wird die Aussicht auf ein paar frostfreie Tage freuen.

MARKUS VÖLKER