Im Zeichen des Pflastersteins

Der Beirat Mitte will keinen „Ostertorasphaltweg“: Nach der Baustelle soll die Viertelmeile aussehen wie vorher. Zwei Millionen Euro könnten so gespart werden. Die Östliche Vorstadt tagt am 14. Januar

Der Beirat Mitte will „den Charakter der attraktiven Straße erhalten“.Gespartes Geld will das Gremium in den „Investitionsfonds Viertel“ fließen sehen

Breitere Fußwege? Parkbuchten oder markierte Flächen auf den Gehwegen? Asphalt oder Pflastersteine als Straßenbelag? Was nach Detailfragen klingt, erhitzt im Ostertor- und Steintorviertel schon seit Wochen die Gemüter. Schließlich hat die Großbaustelle, die sich ab März entlang der Viertelmeile durchs Quartier fressen wird, das Potenzial, das Gesicht des Stadtteils zu verändern. So ließ sich auch Ortsamtsleiter Robert Bücking am Montagabend vor dem Beirat Mitte zu schwergewichtigen Worten hinreißen: „Die Entscheidungen, die wir heute hier treffen, werden das Straßenbild auf Jahrzehnte prägen“.

Klar ist: Die Baustelle kommt ab März in mehreren Bauabschnitten. Deshalb müssen die beiden betroffenen Beiräte Mitte und östliche Vorstadt jetzt entscheiden, wie ihr Quartier hinterher aussehen soll, auch wenn die letzten Arbeiten erst im Jahr 2007 anstehen sollten.

Das Gremium in Mitte folgte in seinem Beschluss schließlich in den wesentlichen Punkten rot-grünen Vorschlägen. Das bedeutet im Groben: „Alles bleibt beim Alten“ - Kopfsteinpflaster, Erhalt der derzeitigen Gehwegbreite und bewirtschaftetes Kurzzeitparken in Parkbuchten bis maximal eine Stunde. Die erste halbe Stunde soll kostenfrei sein. Das gefällt auch den Geschäftsleuten.

In der Gehwegfrage vertrat die CDU ein Minderheitenvotum. Sie will lieber breitere Gehwege, bis fast an die Straßenbahnschienen heran, und geht damit mit dem Amt für Straßen und Verkehr und dem Ortsamt konform. Nach deren Vorstellungen sollten für die Autos Parkflächen auf den breiteren Gehwegen gekennzeichnet werden. RadfahrerInnen müssten zwischen Mozartstraße und Sielwallkreuzung zwischen den Straßenbahngleisen fahren und Straßenbahnen im Rücken aushalten. Laut Allgemeinem Deutschen Fahrradclub (ADFC) gilt das als der sicherste Ort für RadlerInnen in dieser Situation. Jenseits des Sielwall im Steintor entstehen Radwege.

Ein bedeutender Vorteil der „Alles bleibt so“-Lösung ist, dass sie rund zwei Millionen Euro günstiger ist, als die der breiteren Gehwege. Das Geld möchte der Beirat gerne in den „Investitionsfonds Viertel“ fließen sehen. Der soll Ideen wie über das Quartier verteilte Viertelgaragen finanzieren, die bis zu 300 neue Parkplätze schaffen könnten, ein Gründerzentrum oder die Umgestaltung der Helenenstraße, erläutert Alexander Tassis von der CDU-Beiratsfraktion. Auch eine bessere Ausschilderung der bisher schlecht angenommenen Theatergarage stehe an.

Trotz großer Einigkeit in der Straßenbelagfrage, kann dieser Punkt noch weiter für Auseinandersetzungen sorgen – mit dem benachbarten Beirat in der östlichen Vorstadt. Dort herrscht bislang eine mehrheitliche Pro-Asphalt-Stimmung. Ob die bei den Beratungen am 14. Januar noch kippen kann, ist unklar. Denn ob die Argumentation des SPD-Manns Klaus Auf dem Garten, dass der Beirat Mitte den „Charakter dieser attraktiven Straße erhalten“ wolle, gegenüber dem Lärmargument in der östlichen Vorstadt überzeugen kann, bleibt genauso abzuwarten, wie die Wirkung der Poesie – „Schließlich heißt es ja auch Ostertorsteinweg und nicht Ostertorasphaltweg“ – der grünen Bürgerschaftsabgeordneten, Baudeputierten und Viertelbewohnerin Karin Krusche. Im Beirat Mitte ernteten die BefürworterInnen der Steine jedenfalls reichlich Applaus aus den Reihen der ViertelbewohnerInnen.

Als sicher gilt, dass in diesem Jahr nur der erste Bauabschnitt zwischen Schildstraße und Ritterstraße in Angriff genommen wird. Wann die Bauabschnitte zwei und drei kommen werden, machen die Beiräte sehr von den betroffenen Geschäftsleuten abhängig. Die beraten in diesen Tagen darüber, wie die Baustelle am wenigsten umsatzschädigend zu organisieren sei.

Wenn die Straße aufgerissen wird, geht es ans Eingemachte: Dann wird zuerst die Kanalisation inklusive Hausanschlüssen erneuert, um anschließend oben drauf massive Betonplatten legen zu können, die als Fundament für die neuen Straßenbahnschienen der breiter und schwerer werdenden BSAG-Wagen dienen. Nur eine Revolution könne den Baubeginn noch aufhalten, kommentierte Bücking. Für die zugehörigen Straßenkämpfe wäre dann auch gleich das geeignete Wurfmaterial vorhanden - noch.

Ulrike Bendrat