Autos klimafreundlich gerechnet

Mehr Klimaschutz beim Auto scheint vorerst vor allem die Sache der Japaner. In Europa lassen die neuen Grenzwerte für den Ausstoß des Treibhausgases CO2 noch auf sich warten. Umweltschützer warnen davor, sie weiter aufzuweichen

BERLIN taz ■ Wieder mal Toyota: Der japanische Hersteller geht fest davon aus, dass die von ihm in Europa verkauften Neuwagen ab dem kommenden Jahr im Schnitt nicht mehr als 140 Gramm Kohlendioxid pro 100 Kilometer ausstoßen. Schließlich wünscht der Markt neue sparsame Autos. Und was tun die deutschen Hersteller? Sie liegen weiterhin weit über dem Grenzwert und sorgen dafür, dass auch das neue von der EU-Kommission vorgegebene Ziel weiter verwässert wird. „Ein Musterbeispiel eines skrupellosen Industrielobbyismus“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, am Donnerstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Greenpeace und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD). Alle drei Verbände warnten vor einem „Desaster beim Klima- und Verbraucherschutz“, das sich in Brüssel abzeichne.

Bis Ende des Jahres soll die Verordnung über die CO2-Emissionen von Neuwagen verabschiedet werden. Grundsätzlich sieht sie ab 2012 einen Grenzwert von 130 Gramm pro 100 Kilometer vor. Zwei wichtige Elemente konnte die deutsche Automobilindustrie aber über die Bundesregierung bereits durchsetzen: So muss der Grenzwert ab 2012 nur von einem Teil der Neufahrzeuge erreicht werden und erst 2015 ganz. Die Automobilhersteller begründen das mit den Entwicklungs- und Produktzyklen. Viele der Fahrzeuge, die 2012 als Neuwagen verkauft werden, seien bereits entwickelt oder werden schon produziert. Zudem sollen so genannte Ökoinnovationen mit 6 bis 8 Gramm eingerechnet werden, die bislang nicht näher definiert wurden.

Der Industrieausschuss des Europaparlaments hat diese Vorgaben bereits in einen Vorschlag umgesetzt. Das Ergebnis: Sollten tatsächlich zunächst nur 60 Prozent der Neuwagen den Grenzwert erreichen müssen, bedeute dies für die gesamte Flotte einen Durchschnittsausstoß von 154 Gramm CO2, sagte der Autoexperte des alternativen VCD, Gerd Lottsiepen. Derzeit liegt der europäische Schnitt bei 157 Gramm CO2. Rechnet man nun noch den Bonus ein, hat die Branche ihre Zielmarke für 2012 schon erreicht, ohne noch etwas machen zu müssen. „Damit wird Klimaschutz zur Lachnummer“, sagt Lottsiepen

Die Hoffnung der Umweltschützer liegt nun auf dem Umweltausschuss der Parlaments, der sich am kommenden Donnerstag mit dem Vorschlag beschäftigt. Die drei Verbände fordern zudem einen klaren langfristigen Grenzwert von 80 Gramm CO2 pro hundert Kilometer, der 2020 erreicht werden müsse. STEPHAN KOSCH