Die Reaktoren

EU-Beitrittskandidat Bulgarien verfügt über sechs Atomreaktoren, die alle im Super-AKW von Kosloduj vereinigt sind. Alle Reaktoren sind sowjetischer Bauart.

Die beiden ältesten dieser WWER-Reaktoren – je 440 Megawatt – wurden 1969 errichtet. Anfang dieses Jahres sind sie, wie mit der EU vereinbart, abgeschaltet worden – gegen den Willen und den landesweiten Protest der Bevölkerung, die eine weitere Verschlechterung ihrer ökonomischen Situation befürchtet.

Über die Abschaltung der Reaktoren 3 und 4 – ebenfalls je 440 Megawatt – ist man sich noch nicht einig geworden. Die EU fordert ein Betriebsende bis spätestens 2006.

Die bulgarische Regierung hingegen versucht diesen Termin zumindest hinauszuschieben; insgeheim hofft man darauf, die EU davon überzeugen zu können, dass die Blöcke durchaus modernisiert und weiterhin in Betrieb gehalten werden sollten, so wie es mit den beiden jüngsten Reaktoren 5 und 6 – vom Typ Temelín mit je tausend Megawatt – gehandhabt wird, in Zusammenarbeit mit namhaften Westfirmen wie Siemens, Framatom oder Westinghouse.

Sogar die Internationale Atomenergieorganisation hat sich vom Super-AKW Bulgariens distanziert. Dennoch lässt sich im Land selbst kaum ein AKW-Kritiker finden; schon gar keiner, der zur Kenntnis oder ernst genommen würde. Die bulgarische Umweltorganisation Za Zemjata mit Sitz in Sofia wagt sich nicht nach Kosloduj; aus Angst, von der Bevölkerung verprügelt zu werden. Sogar in ihren eigenen Reihen, gesteht Sprecher Todor Slawow resigniert, seien nicht alle überzeugt davon, dass das AKW von Kosloduj eine Gefahr darstelle.

Die Organisation, die zwar über ein kleines Grüppchen enthusiastischer, junger Mitglieder, jedoch kaum über finanzielle Mittel verfügt und dementsprechend auf sehr kleiner Flamme kocht, will sich deshalb darauf konzentrieren, Energiesparmaßnahmen oder alternative Energieformen zu thematisieren. Damit betritt Za Zemjata in Bulgarien Neuland. Und wird noch sehr viel an Informations- und Überzeugungsarbeit leisten müssen.

BRIGITTE HÜRLIMANN