„Rußende Dampfer stören“

Mit Övelgönne, dem Hafenmuseum am 50er Schuppen und dem neuen Traditionsschiffhafen hat Hamburg nun drei Hafenmuseen. Warum so viele, erklärt Achim Quaas vom Hafenmuseum

INTERVIEW PETRA SCHELLEN

taz: Herr Quaas, neben dem Museumshafen Övelgönne und dem Hafenmuseum am 50er Schuppen gibt es jetzt auch den Traditionsschiffhafen. Wie viele solcher Museumshäfen braucht Hamburg eigentlich?

Achim Quaas: Hier muss man zunächst zwischen Traditionsschiffen und Museumsobjekten unterscheiden: Traditionsschiffe sind alte Schiffe, die von Privatpersonen oder Vereinen aus Liebhaberei betrieben und fahrtüchtig gehalten werden. Deshalb gibt es für Traditionsschiffe eine Traditionsschiffverordnung, die regelt, welche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind, wie das Schiff auszustatten ist und welche Ausbildung der Schiffsführer haben muss.

Dann ist der Traditionsschiffhafen in der Hafencity also kein Museumshafen.

Streng genommen nicht. Der Sprachgebrauch trennt hier aber nicht klar: Auch Övelgönne gilt als Museumshafen, obwohl dort fast nur Schiffe sind, die der Traditionsschiffverordnung unterliegen.

Welche Regeln gelten dagegen für die Schiffe im Hafenmuseum?

Die Regeln des Museumsbetriebs. Wir Museumsleute erhalten und pflegen Originale. Vordergründiges Interesse ist nicht, die Schiffe in Betrieb zu nehmen und Ausflugsfahrten anzubieten. Das kann im Einzelfall mal so entschieden werden – aber dann müssen wir genau darauf achten, wie wir mit der Originalsubstanz umgehen. Denn da Nutzung immer auch Vernutzung bedeutet, ist es einem Museum eigentlich nicht angemessen, mit diesen Schiffen zu fahren. Andererseits entsteht – gerade durch die Konkurrenz zu Freizeitparks und Traditionsschiffen – ein gewisser Druck auf die Museumsleute, Attraktionen anzubieten und Geld zu verdienen.

Övelgönne und Traditionshafen konkurrieren also mit dem Hafenmuseum?

Nein, ich freue mich über die Vielfalt. Das steht einer Welt- und Hafenstadt wie Hamburg gut zu Gesicht. Bedauerlich ist vielmehr, dass nicht noch mehr über die Geschichte des Hafens informiert wird.

Idyllisieren Övelgönne und der Traditionsschiffhafen das Schiff also, anstatt es als einen Ort der Arbeit zu präsentieren?

Das ist sicher richtig. Aber es ist doch sehr schön, dass diese Großsegler im Traditionsschiffhafen liegen. Ein bisschen gerät dabei allerdings die historische Bedeutung des Ortes aus dem Blick: Der Sandtorhafen war der erste Dampfschifffahrtshafen. Dort wurde das erste moderne Hafenbecken Hamburgs entwickelt und die Logistik des Umschlags optimiert – etwa durch den Bau der Schuppen, des Eisenbahnanschlusses und der Fuhrwerks-Stellplätze direkt am Hafen. Der Sandtorhafen war die Keimzelle des modernen, erfolgreichen Hamburger Hafens. Von diesen Wurzeln sieht man heute leider nichts mehr. Jetzt liegen da Segelschiffe. Das drückt ja auch ein gewisses Geschichtsverständnis aus.

Wird der Traditionshafen Ihr Museum mittelfristig Besucher kosten?

Ich würde hier nicht von Konkurrenz sprechen. Zunächst ist zu begrüßen, dass es im Hafen Liegeplätze für historische Schiffe gibt. Man kann natürlich fragen, ob die nur für aufgebrezelte Schiffe reserviert sein müssen – oder ob man auch Plätze schafft, an denen Menschen auch alte Schiffe pflegen können, die nicht hochglanzlackiert sind.

In der Hafencity liegen jedenfalls ausschließlich solche Hochglanz-Schiffe.

Ja, und das ist auch konsequent: Der Traditionshafen liegt direkt neben den derzeit teuersten Wohnungen Hamburgs. Würde man vor deren Fenstern alte Dampfschiffe lagern, die beim Anheizen gelegentlich Ruß ausstoßen, würde das die Bewohner kaum freuen. Deshalb liegen dort Segler, die nicht so viel Schmutz machen. Es sind wohlweislich auch keine Eisenschiffe, bei denen man mal lautstark Rost abklopfen müsste. An diesem Ort gibt es also nur eingeschränkte Möglichkeiten, Schiffe auszustellen. Wenn man es trotzdem möchte, sind Segelschiffe die Konsequenz. Das ist in Ordnung.

Fotohinweis:ACHIM QUAAS, 59, Schiffbauingenieur und Soziologe, leitet seit 1999 das Hafenmuseum im Aufbau, eine Außenstelle des Museums der Arbeit.