„Eine Harfe ohne Saiten“: Edward Gorey zeigt, wie man Romane schreibt

Es ist einer von Melfs guten Tagen. Er hat geschrieben, und nun belohnt er sich in der Küche mit einem Marmeladenbrot und etwas Eigenlob. „Das ist schon großartig: diese Passagen, wo Lund zurückkehrt und beinahe sofort entseelt in das Grab sinkt, das seine selbstmörderisch veranlagte Zwillingsschwester für sich selbst im Garten geschaufelt hat. So etwas wäre eben doch keinem anderen eingefallen.“ – Selbstverständlich kennt Melf auch dunkle Momente, und auch sie werden in Edward Goreys Erzählung „Eine Harfe ohne Saiten oder Wie man Romane schreibt“ nicht verschwiegen. (Kindler Verlag, Berlin 2002, 72 S., 9,90 €) Der Autor und Zeichner Gorey hat die 1953 zum ersten Mal erschienene Geschichte über den Alltag eines Schriftstellers mit melancholischen Zeichnungen versehen – und einer vorangestellten Versicherung: „Jeder Gedanke, Ronald Frederic Melf könnte mit einem von Ihnen verehrten Autor identisch sein, ist absurd.“ Natürlich. MEN