Landung auf Komet verschoben

Technische Probleme mit der europäischen Trägerrakete Ariane 5 verhindern die erste Landung auf einem Kometen. Jetzt suchen die Weltraumforscher ein neues Ziel, um die Rosetta-Mission doch noch durchführen zu können

Die Kometenforschung steht derzeit unter keinem glücklichen Stern. Im letzten Sommer ging die US-amerikanische Kometensonde Contour im All verloren, diese Woche sagten die Europäer ihre Mission Rosetta ab. Contour zerbrach im All, als ihr Triebwerk zündete und sie auf eine interplanetare Bahn einschießen wollte. Rosetta muss am Boden bleiben, weil es Probleme mit der gerade neu entwickelten Version 5-Esca der europäischen Trägerrakete Ariane gibt.

Bei ihrem Jungfernflug Anfang Dezember letzten Jahres wurde die Ariane 5 über dem Atlantik samt zweier hochmoderner Kommunikationssatelliten gesprengt, weil Leitungen im Kühlsystem des Haupttriebwerks Risse bekommen hatten.

Anders als Contour ist die Rosetta-Mission jedoch nicht vollständig verloren. Die europäische Kometensonde hätte im Jahre 2011 den Kometen Wirtanen erreichen und im Jahr darauf ein Landegerät mit wissenschaftlichen Instrumenten und einer Panoramakamera auf ihm absetzen sollen. Um auf den Kometen zu treffen, hätte Rosetta mit einem Vorbeiflug an der Erde und am Mars, dem Swing-by, bei dem ein Raumschiff durch die Gravitation naher Himmelskörper beschleunigt wird, Schwung geholt.

Dieser genau vorausberechnete Flugplan zu dem nur etwa einen Kilometer großen erdnussförmigen Kometen Wirtanen hätte aber nur eingehalten werden können, wenn Rosetta in der zweiten Januarhälfte gestartet wäre. Andernfalls hätte sie den Kometen verpasst. Das Risiko eines Fehlstarts wollten jedoch weder der europäische Raumfahrtkonzern Arianespace noch die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) eingehen – immerhin hat die Rosetta-Mission fast eine Milliarde Euro gekostet.

Die Rieseninvestition ist auch der Grund, warum die ESA das Projekt nicht aufgibt. Die Rosetta-Wissenschaftler wollen nun einen neuen Kometen suchen, müssen eine neuen Flugplan ausarbeiten und möglicherweise auch einige Änderungen an der Sonde vornehmen. Das kann mehrere Monate, vielleicht ein Jahr dauern. Am Ziel der Mission wird sich jedoch grundsätzlich nichts ändern.

So wie der 1799 in Ägypten gefundene „Stein von Rosetta“ mit seiner dreisprachigen antiken Inschrift einst dabei half, die ägyptischen Hieroglyphen zu entziffern, soll das Rosetta-Projekt dazu dienen, herauszubekommen, woraus Kometen bestehen und ob sie möglicherweise Urformen des Lebens mit auf die Erde gebracht haben.

Die „schmutzigen Schneebälle“, wie sie einst der Astronom Fred Whipple nannte, bestehen aus Staub, gefrorenen Gasen und Wassereis. Kommen sie auf ihren Bahnen in Sonnennähe, gasen sie durch die Sonnenstrahlung aus. Der Sonnenwind regt Gasatome und -moleküle an. Dadurch entsteht der leuchtende Schweif. Kometen sind Überbleibsel des frühen Sonnensystems und enthalten noch Urmaterie aus der Zeit vor der Bildung der Planeten. Sie können daher etwas aussagen über die Anfangsbedingungen im Sonnensystem, woraus Rückschlüsse auf seine Entwicklung gezogen werden können. So etwa könnten Kometen das Wasser auf die Erde gebracht haben. Mehr noch: Kometen, lautet eine Überlegung, könnten sogar indirekt das Leben auf die Erde gebracht haben.

Solche Fragen sollen neben der Rosetta-Sonde in den nächsten Jahren auch zwei andere ehrgeizige Projekte klären: Die US-Raumfahrtagentur Nasa will 2004 ihre Stardust-Sonde zum Kometen Wild 2 schicken. Sie soll dort Proben aus der Gas- und Staubhülle des Kometen sammeln und sie 2006 auf die Erde zurückbringen.

Im selben Jahr soll die Nasa-Sonde Deep Impact starten, mithilfe eines mehrere hundert Kilogramm schweren Kupfergeschosses einen Krater in den Kometen Tempel 1 schlagen und dann dessen Kern erforschen. Auch eine Spur Science Fiction enthält Deep Impact: Möglicherweise zerbricht der Komet beim Aufprall des Geschosses, spekulieren Nasa-Forscher. Es wäre der Testfall, um eines Tages ein Himmelsobjekt von seinem Kollisionskurs Richtung Erde abzubringen. KENO VERSECK