Suppe hambourgeoise

In eine typische Hamburger Suppe gehört alles, was der Vorratsschrank hergibt. In der Aalsuppe schwimmen Backpflaumen, die Saure Suppe braucht einen Spritzer Zitrone und Schnüsch schmeckt nur mit Milch und Kartoffeln

Der Süddeutsche schüttelt bei dem Gedanken an dieses Gericht angewidert den Kopf, der Hamburger hingegen reibt sich den Bauch – die Aalsuppe ist wirklich nichts für jedermann, aber dennoch eines der bekanntesten Regionalgerichte im Norden.

Als Vorsuppe taugt sie ebensowenig wie als Nachgang, denn die typische Aalsuppe ist reichhaltig. Neben Fischstücken wird das auch als Eintopf funktionierende Mahl mit reichlich Gemüse, Kräutern, Backpflaumen, Fleisch und Mehlklößchen serviert. Seit über 200 Jahren köchelt die Aalsuppe in Hamburgs Töpfen nun schon und war einst das Gericht des gemeinen Volks. Kulinarische Historiker entdeckten das Rezept erstmals in einem Hamburger Kochbuch von 1788.

Um 1900 jedoch holte der Starkoch Franz Pfordte das Arme-Leute-Essen in sein Nobelrestaurant im Hotel Atlantic. Der von der französischen Küche inspirierte Küchenchef verfeinerte das Rezept mit etwas Sherry sowie Beeren und nannte es fortan „d‘ anguilles hambourgeoises“. Die durch Pfordte geadelte Aalsuppe zog dadurch in die glitzernde Welt des Silberbestecks und der Damasttischdecken ein.

Norddeutsche Gourmets, die keinen Knochenfisch löffeln möchten, kochen stattdessen die artverwandte Hamburger Saure Suppe. Bis auf den Aal unterscheiden sich die beiden Rezepte nur in einem weiteren Punkt: der Säure. Die wird der Sauren Suppe nämlich durch einen Spritzer Zitrone beigefügt. Viel bekannter ist hingegen der Hamburger Gemüseeintopf Schnüsch, wahlweise auch Schnusch oder Snüsch genannt. Ursprünglich kommt die Suppe aus Skandinavien, wo man das Gericht unter dem Namen Snysk zubereitet.

Schnüsch besteht vor allem aus Milch, Butter und Kartoffeln. Als bunte Sprenkerl begegnen dem Essenden außerdem Möhren, dicke Bohnen und Erbsen. Wie schon die Aalsuppe, beweist auch die aus Dänemark importierte Mahlzeit, dass Hamburger ihre Suppen gerne reichhaltig und sättigend mögen.

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