Schaffe, schaffe, Häusle dämme

Auf ihrem Landesparteitag am Samstag haben die Berliner Grünen das Thema Energiepolitik auf die Tagesordnung gesetzt. Wärmedämmung an Gebäuden soll Pflicht werden. Das findet nicht jeder gut

VON SEBASTIAN HEISER

Pünktlich zum Beginn der Heizperiode thematisieren die Grünen die Energiepolitik. Auf ihrem Landesparteitag am Samstag wollen sie sich auf „wirksame Vorschriften für die Wärmedämmung aller Wohngebäude“ verständigen. Als ein Vorbild dafür nennen sie Hamburg – dort gilt seit drei Monaten eine Klimaschutzverordnung mit besonders harten Vorgaben.

In der Hansestadt darf bei Neubauten nur noch sehr wenig Wärme durch Wände und Dach nach außen dringen – und zwar 20 bis 45 Prozent weniger, als in den meisten anderen Bundesländern erlaubt ist. Die Idee dabei: Wer besser dämmt, muss weniger heizen und spart so Energie. Das schont den Geldbeutel und schützt das Klima.

Doch zunächst einmal kosten die Investitionen Geld. Durch die Vorgaben braucht eine Außenwand nach einer Beispielrechnung der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt eine Dämmung, die 14 Zentimeter statt 4,5 Zentimeter dick ist.

„Die Dämmung selbst ist aber eher noch der kleinere Teil der Zusatzkosten“, sagt Egbert Hupe vom Bauunternehmen „Hamburger Grundstückskontor“. Denn es darf nicht vergessen werden, dass es durch die bessere Dämmung auch weniger Luftaustausch gibt und damit die Schimmelgefahr steigt.

Also braucht ein gut gedämmtes Haus auch eine Lüftungsanlage. Die günstigeren kosten ab 5.000 Euro, sagt Hupe. Standard bei Niedrigenergie-Häusern ist auch eine Warmwasser-Anlage auf dem Dach, auf dem die Sonne das Duschwasser erhitzt. Kostet ab 7.000 Euro. Hupes Fazit: „Nach unserer Erfahrung kostet das 15.000 Euro zusätzlich.“

Das muss ein Häuslebauer erst einmal haben – oder sich leihen. Doch auch das hat einen Haken: „Wer einen Kredit von uns möchte, um sein Eigenheim zu finanzieren, muss 20 Prozent der Gesamtkosten für den Neubau als Eigenkapital mitbringen“, erklärt Klaus Völker, Sprecher der Landesbausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg. Wenn das Haus also um 15.000 Euro teurer wird, müssen die Bauherren 3.000 Euro mehr ansparen, bevor sie loslegen können. Und hinterher müssen sie jeden Monat rund 75 Euro mehr an Zinsen und Tilgung zahlen. Und das frisst auch einen Teil der Heizkosteneinsparung wieder auf.

Dieter Blümmel, Sprecher des Berliner Haus- und Grundbesitzerverbandes, hält davon nichts. „Den Hausbesitzern wird schon über hohe Steuern und unsinnige Vorschriften das Geld aus der Tasche gezogen.“ Beim Neubau oder einer Sanierung würde ohnehin schon von vielen Eigentümern eine gute Wärmedämmung eingebaut. Zwangsvorgaben für alle seien jedoch „überflüssig wie ein Kropf“. Die zusätzlichen Kosten könnten für einige der Grund sein, warum sie auf ein Haus verzichten müssten.

Michael Schäfer, Sprecher für Klimaschutz in der Grünen-Fraktion, hält dagegen: „Mit freiwilligen Vorgaben haben wir schlechte Erfahrungen gemacht, das funktioniert nicht.“ Er will sogar noch deutlich weiter gehen als die Hamburger: Die Vorschriften sollten nicht nur für Neubauten gelten, sondern auch für schon stehende Häuser. Innerhalb der nächsten zehn Jahre sollten Stück für Stück auch alle Altbauten saniert werden, die am schlechtesten isolierten zuerst.

„Für Eigentümer ist das heftig“, sagt auch Schäfer. „Aber die Herausforderung ist so groß, dass es da klare Vorschriften braucht.“ Und auch der Staat solle mithelfen – allerdings der Bund, nicht das Land, mit acht Milliarden Euro aus dem Verkauf der Emissionszertifikate. Das Geld ist freilich schon anderweitig eingeplant.

Sollte das mit dem Bund nicht klappen, denkt Schäfer auch über eine Lösung nach, dass das Land zusätzliche Schulden aufnimmt und das Geld als Kredit an die Hausbauer und -sanierer weitergibt. Die Haushaltspolitiker seiner Fraktion hat er von dieser Schuldenidee allerdings noch nicht überzeugen können.