was macht eigentlich ... … Heinrich v. Treitschke?

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„Die Juden sind unser Unglück.“ Wer den Satz verbreitet, den kann man getrost als Antisemiten bezeichnen. Er stammt von Heinrich von Treitschke, und nach diesem Historiker aus dem 19. Jahrhundert heißt in Steglitz eine Straße. Seit drei Jahren versucht ein Aktionsbündnis, bestehend aus Bezirkspolitikern der SPD und der Grünen, den umstrittenen Geschichtsprofessor aus seiner Treitschkestraße zu vertreiben. Mit einem offenen Brief schlossen sich reihenweise Prominente an, aber ohne Erfolg. Beharrlichkeit zahlte sich nicht aus. CDU und FDP in Berlins reichem Südwesten widersetzten sich beständig dem Rauswurf Treitschkes. Sie halten an ihm fest, man könne den Mann schließlich nicht auf einen Satz reduzieren. Das Treitschke gemeinhin als Wegbereiter des deutschen Antisemitismus und des Nationalsozialismus gilt, zählt nicht. Der Vorschlag, den früheren Bischof Kurt Scharf an Treitschkes statt zu ehren, fiel durch – warum, weiß keiner. Formal ist ein neuer Name eigentlich kein Problem. Wer seit fünf Jahren tot ist, kann Pate einer Straße werden. Vielleicht sollte man historische Größen finden, die Union und FDP genehmer sind. Aber wen? Adelig sollte er auf jeden Fall wieder sein und ein harter Konservativer oder ausnahmsweise ein Liberaler. Otto Graf Lambsdorff? Das geht nicht, der lebt noch. Graf Dracula aus den tiefschwarzen Karpaten? Der ist mit Sicherheit tot. Aber wie war der politisch eingestellt? Ist egal. Wie man an der Zufriedenheit mit Treitschke merkt, zählt die Gesinnung nicht. CHT FOTO: ARCHIV