„Eine Regelung wie in Spanien“

Brauereibesitzer Gottfried Härle hält Kündigungsschutz für großes Einstellungshemmnis. Er fordert, dass schon der Arbeitsvertrag eine mögliche Abfindung vorsieht

taz: Wird das Thema Kündigungsschutz zu hoch gehängt?

Gottfried Härle: Nein. Es ist ein Problem. Bei Kleinbetrieben gilt der Kündigungsschutz in der strengen Form ab dem sechsten Beschäftigten. Das führt oft dazu, dass man den sechsten oder siebten Mitarbeiter nicht einstellt – aus Angst, ihm im Ernstfall nicht mehr kündigen zu können. Bei größeren Betrieben hat der Kündigungsschutz zur Folge, dass Auftragsspitzen nicht über Neueinstellungen gelöst werden, sondern über Überstunden oder Leiharbeit.

Der Kündigungsschutz wurde vor 1999 schon mal gelockert und auf Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten beschränkt. Es kam aber nicht gerade zu einer Woge von Neueinstellungen.

Es gibt keine genauen Erhebungen, inwieweit diese Lockerung zu Neueinstellungen geführt hat. Aber wenn Sie mit Kleinunternehmern sprechen, dann steht das Wort „Kündigungsschutz“ an vorderster Stelle, wenn es darum geht, warum man nicht neu einstellt.

Kündigungen enden heute oft mit einer Abfindung. Ein so schreckliches Einstellungshindernis können die doch gar nicht sein.

In Kleinbetrieben kommt es in aller Regel zu einer Abfindung, aber davor stehen sehr langwierige Arbeitsgerichtsprozesse mit hohen Kosten für den Arbeitgeber.

Arbeitsrechtler sagen, die Abfindungshöhen seien in der Rechtsprechung relativ klar geregelt, pro Beschäftigungsjahr gebe es ein halbes Monatsgehalt. Deswegen seien Kündigungen nicht unkalkulierbar.

Wenn das alles so klar ist, wieso geht der Staat nicht weiter und erlaubt, dass ich mit meinem Mitarbeiter per Arbeitsvertrag vereinbare, dass abhängig von der Beschäftigungsdauer eine gewisse Abfindung anfällt? In Spanien wird das so gemacht. Wir fordern eine solche Regelung für Betriebe mit 10 bis 50 Mitarbeitern. Und in Firmen mit bis zu zehn Mitarbeitern soll der Kündigungsschutz so vereinfacht werden wie bisher in Betrieben mit bis zu fünf Beschäftigten.

In Kleinbetrieben könnte man die Älteren dann einfach vor die Tür setzen.

In kleineren Betrieben spielt die Betriebszugehörigkeit, der Kontakt zum Inhaber eine ganz große Rolle. Die psychologische Barriere, einen älteren Mitarbeiter zu kündigen, ist da groß.

Gesetze sind aber sicherer als das Gewissen der Arbeitgeber.

Man kann es auch aus Sicht der Arbeitslosen sehen. Bei einem gelockerten Kündigungsschutz würde ich eher einen Bewerber einstellen, der über 50 ist, weil ich weiß, dass ich mich im Ernstfall wieder von ihm trennen kann.

INTERVIEW: BARBARA DRIBBUSCH

Gottfried Härle ist Inhaber der Härle-Brauerei in Leutkirch im Allgäu und beschäftigt 30 Mitarbeiter. Er ist Vorstandsmitglied von „Unternehmensgrün“