Flohmärktchen

Richtig alte Sachen

Auf dem Bordstein liegt ein Handtuch, darauf liegen ordentlich verteilt: drei „Benjamin Blümchen“-Kassetten (als Bademeister, als Feuerwehrmann, als Müllmann), zwei Freundschaftsbänder aus Wolle, ein „Micky Maus“-Heft, vier Bonbons und ein fast unbenutzter Schreibblock. „Wollen Sie ein bisschen Spielzeug kaufen?“, fragt mich der Junge, als ich daran vorbeilaufe. „Also nur, wenn du Kinder hast“, fügt das Mädchen hinzu.

Ich frage, was sie empfehlen können, und man schlägt Bademeister Benjamin vor. Aber weil mein Kassettendeck klemmt, suche ich lieber was anderes. Ich probiere ein Freundschaftsband an, aber leider passt es nicht um mein Handgelenk. „Wir haben auch noch was ganz Altes“, sagt der Junge. „Und Wertvolles“, fügt das Mädchen hinzu. Aus dem Inneren des Schreibblocks holen sie nun ein kleines Bild hervor. Darauf zu sehen ist eine dunkelbraune Katze, die sich auf hellbraunem Grund räkelt. Eine Pfote ist schwarz, und eine Ecke der Karte ist eingeknickt. „Sieht man ja, wie alt das ist“, sagt der Junge, und das Mädchen nickt. Ich drehe die Karte um, der Name einer Kreuzberger Künstlerin steht drauf, außerdem ihre Kontaktdaten. Es ist eine Visitenkarte.

„Hmm, wie viel wollt ihr denn dafür haben?“, frage ich, und der Junge und das Mädchen sagen gleichzeitig: „Ein Euro.“ Aus meiner Hosentasche krame ich zwei 50-Cent-Stücke hervor. „Ich hab dir doch gesagt, dass das klappt“, sagt der Junge, als ich die Katzenkarte in meinem Rucksack verstaue, und das Mädchen ruft in Richtung Hof: „Papa, Papa, wir haben einen Euro verdient.“ Ich bin schon ein paar Häuser weiter, als ein verdutzter Vater aus der Hofeinfahrt blickt. „Die Frau dahinten war’s“, rufen beide und winken, bis ich um die Ecke bin.

LENA HACH