Bizarre Geschäfte mit überteuerten Särgen

Transparency International stellt Weltkorruptionsbericht vor. Freier Informationszugang in Deutschland gefordert

BERLIN taz ■ Der saudi-arabische Schriftsteller Abdul Mohsen Musalam schrieb im März letzten Jahres ein Gedicht, das in der Zeitung al-Madina veröffentlicht wurde. Titel: „Das Korrupte auf der Erde“. Darin beschuldigte er mehrere Richter der Mauschelei. Das hätte er lieber bleiben lassen sollen. Der Lohn der Lyrik: Haft.

Um das Korrupte auf der Erde geht es auch im Weltkorruptionsbericht 2003 von Transparency International (TI). Der mehrere hundert Seiten dicke Wälzer wurde gestern in Berlin und London veröffentlicht. Kurz vor dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos will die bekannteste Nichtregierungsorganisation für die Aufdeckung von Bestechung, Geldwäsche und Vorteilsnahme auf die gigantischen Dimensionen weltweiter Korruption hinweisen. Bei der Vorlage sagte der Vorsitzende von TI Deutschland, Hansjörg Elshorst, dass weltweit das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit des Wirtschaftsgeschehens zerstört sei. Schuld daran seien Bestechung durch Großkonzerne, Börsenmanipulationen, betrügerische Konzernpleiten und Kapitalvernichtung in Milliardendimensionen.

Deutschland geht in die Korruptionsannalen mit der Kölner SPD-Parteispendenaffäre ein. Nach Ansicht von TI habe das zu einem Vertrauenverlust geführt, der nur durch „ein Höchstmaß an Transparenz“ aufgefangen werden könne. TI-Deutschland-Chef Elshorst forderte die Bundesregierung auf, endlich das Informationsfreiheitsgesetz auf den Weg zu bringen. Dieses würde den Bürgern Zugang zu allen Informationen der Verwaltung verschaffen.

Der Bericht listet viele bizarre Beispiele für Korruption auf allen Erdteilen auf. So kaufte das indische Verteidigungsministerium für tote Soldaten während der Kargil-Krise 1999 überteuerte Särge für 2.500 Dollar. Die Differenz zum tatsächlichen Preis von 172 Dollar steckten sich indische Militärbürokraten offenbar in die eigenen Taschen. Verheerende Korruption auch in Russland. Dort zahlen Geschäftsleute jedes Jahr Schmiergelder von etwa 30 Milliarden Dollar an die Staatsdiener. Das entspricht etwa den Steuereinnahmen Russlands im letzten Jahr. Weitere Beispiele weist der Bericht aus den USA, Kanada, China und vielen europäischen Ländern aus. Ein allgemeiner Trend zur Ausweitung von Korruption sei aber nicht zu beobachten, sagte TI-Vorsitzender Peter Eigen. Zwar gebe es einen Hexenzirkel, indem Wirtschaftsunternehmen für Aufträge in einen wahren Korruptionswettbewerb einträten. In vielen Fällen werde Korruption auch zurückgedrängt.

Als Beispiel dafür nennt der Bericht Mexiko. Dort werden durch mehrere Gesetze Beamte und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und ihre Angehörigen verschärft kontrolliert. Außerdem wurde das Bankgeheimnis stark beschnitten. MARIUS ZIPPE

www.globalcorruptionreport.org