geschenkter gaul
: Auf nach Paris!

Auf dem Pariser Platz steht ein neues Denkmal. Früher hätte so etwas nichts Gutes bedeutet. Mit Denkmälern feierten die Völker ihre blutigen Siege. Das alles gehört in die schlechte alte Zeit und ist fast vergessen. Franzosen und Deutsche sind, wer könnte es in diesen Tagen überhört haben, bons amis. Aber, unter Freunden gefragt: Warum stellt ihr uns für siebzehn Tage ein „Denker-Denkmal“ vor eure Botschaft?

Ein Aufruf zur Revanche von ROBIN ALEXANDER

In Frankreich hat man ein eher ungebrochenes Verhältnis dazu, die Restwelt mit den eigenen kulturellen Errungenschaften zu beglücken. Der Denker vom Pariser Platz etwa ist für eine Bronzeskulptur schon gut herumgekommen. Eigentlich in der französischen Hauptstadt im Musée Rodin zu Hause, besuchte er zuletzt Schanghai und Peking. Kopien stehen in halb Frankreich, in Rom und auch in Bielefeld.

Was kaum einer weiß: Rodins Denker war auch schon einmal in Berlin. Anfang der Neunzigerjahre versuchte sich das französische Kulturkaufhaus Fnac nahe beim Ku’damm zu etablieren – mit einer Kopie von eben diesem Denker im Zentrum des Geschäfts. Aber: Fnac fand nicht genug Kunden, zog wieder weg und nahm den Denker mit. Den Kommerz mit der Kultur macht stattdessen der deutsche Putzkolonnenführer Peter Dussmann im großen Stil an der Friedrichstraße.

Dabei ist Rodins Denker für uns Deutsche eine fein ausgesuchte Leihgabe: Muskulös, auf einem Felsen, in sich gekehrt und verschlossen. So sehen uns die Nachbarn mit dem helleren Gemüt: sinnlos kräftig, die nächste historische Tragödie erwartend.

Wie können wir uns bloß für den geschenkten Denker bedanken? Was taugt als Revanche? Französische Erwartungen treffen wohl am besten die Düsterdeutschen unter den Künstlern. Also ein Ernst-Jünger-Denkmal. Oder ein riesiger Heiner-Müller-Kopf für den Place de la Concorde? Nein. Das geeinte Europa ohne Zoll- und Konsumgrenzen verlangt nach anderen Helden. Paris braucht ein großes deutsches Kulturkaufhaus. Und in der Mitte ein Peter-Dussmann-Denkmal.