Der fremde Franzose

La France und L‘Allemagne feiern Freundschaft. Doch der Polizei in Fürstenwalde ist das Nachbarland offenbar unbekannt. Sie setzt einen Franzosen fest, weil sie seinen Führerschein für gefälscht hält

von ANNE HAEMING
und SABINE AM ORDE

Überall wird in diesen Tagen die deutsch-französische Freundschaft begangen, doch bis nach Brandenburg scheint das noch nicht vorgedrungen zu sein. Zumindest in Fürstenwalde sind die Kenntnisse über und die Kontakte in das westliche Nachbarland der Deutschen anscheinend recht begrenzt. Diese Erfahrung musste in der vergangenen Woche der französische Labortechniker Philippe Bescond machen, der mit seinem Auto von Berlin nach Frankfurt (Oder) unterwegs war. Weil der Polizei in Fürstenwalde sein französischer Führerschein fremd vorkam, hielten sie Bescond zunächst stundenlang bis mitten in der Nacht fest. Erst nachdem sich die französische Botschaft eingeschaltet hatte, konnte er am nächsten Mittag weiterfahren.

Bescond war unterwegs zu einem Treffen mit Freunden, als er gegen sieben Uhr abends auf der Autobahn von einer Zivilkontrolle der Polizei gestoppt wurde. Der erste Verdacht: Sein Auto, ein Pick-up, könnte gestohlen sein, er selbst ein Autoschieber, der den Wagen nach Polen bringen will. „Als sie mir meine Papiere nicht zurückgeben wollten, fragte ich, ob es ein Problem gebe“, schildert Bescond den Vorfall. Doch eine Antwort, so seine Darstellung, erhielt er in den kommenden zwei Stunden nicht. „Kein Kommentar, mehr haben sie nicht gesagt“, sagt Bescond. Schließlich forderten ihn die Polizisten, die mittlerweile Verstärkung bekommen hatten, auf, mit zur Polizeiwache zu kommen. Der Vorwurf: Bescond fahre mit einem gefälschten Führerschein. Als gegen 22 Uhr in der Polizeiwache Fürstenwalde endlich ein Dolmetscher eintraf, wurde der 45-jährige Franzose vernommen. Das Protokoll liegt der taz vor.

Immer wieder, so Bescond, habe er vorgeschlagen, offizielle Stellen in Frankreich anzurufen und dort seine Papiere überprüfen zu lassen. Doch darauf ging die Polizei nicht ein. Gegen 1 Uhr nachts schließlich durfte der Franzose gehen, sein Auto durfte er abernicht fahren. Am nächsten Tag um 14 Uhr wisse man mehr. Bis dahin behalte man den Führerschein.

Nach einer Nacht in seinem Auto wurde Bescond am nächsten Morgen selbst aktiv: Er rief bei der französischen Botschaft in Berlin an und bat um Hilfe. Ein Botschaftsmitarbeiter überprüfte seine Daten, stellte deren Richtigkeit fest und kontaktierte anschließend die Fürstenwalder Polizei. Kurz darauf bekam Bescond seinen Führerschein zurück. „Ohne Kommentar“, sagt er. „Und ohne Entschuldigung.“ Die Polizei in Fürstenwalde war gestern Nachmittag nicht in der Lage, sich zu dem Vorfall zu äußern. „Die Pressestelle ist erst morgen Früh wieder besetzt. Bis dahin wird das doch wohl Zeit haben“, hieß es.

Philippe Bescond ist inzwischen zurück in Paris, seine Erfahrungen mit den deutschen Beamten nimmt er relativ locker. „Rückblickend war es ein Abenteuer, teils unglaublich, teils amüsant“, kommentiert er seine Erlebnisse. „Überall spricht man über Europa – aber dann ist die Polizei unfähig, ein so kleines Problem schnell zu lösen.“