„Wir müssen bekannter werden“

Eren Ünsal, die neue Leiterin der Berliner Antidiskriminierungsstelle, will neue Diskriminierungsthemen öffentlich machen. Schon als Sprecherin des Türkischen Bundes hat sie dem Herrenclub ein weltoffeneres Gepräge gegeben

EREN ÜNSAL, 38, ist neue Leiterin der „Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung“.

taz: Frau Ünsal, Sie sind die neue Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Berlins. Wie werden Sie die Aufgabe füllen?

Eren Ünsal: Die Antidiskriminierungsstelle muss bekannter werden. Deshalb müssen wir den Akzent stärker auf Transparenz und Dialog legen. Vereine, Verbände, gesellschaftliche Akteure müssen wissen, dass es uns gibt.

Sie setzen auf Dialog. Was möchten Sie kommunizieren?

Dass wir Strategien brauchen, um Diskriminierung abzubauen. Dass es ein Gleichbehandlungsgesetz gibt und Beratungsstellen, die Opfer von Diskriminierung unterstützen.

Als Vorstandssprecherin des Türkischen Bundes haben Sie sich im Bereich Migration und Integration von Menschen aus der Türkei profiliert. Wie werden Sie Ansprechpartnerin für die anderen Zielgruppen?

Ich hoffe, dass ich nicht nur auf mein Merkmal Migrationshintergrund reduziert werde. Ich habe meine Arbeit im Türkischen Bund auch nicht nur darauf reduziert, sondern mich für Themen wie gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Religion eingesetzt und für Menschen mit Behinderungen engagiert.

Wird jemand, der lange türkische Verbandsarbeit gemacht hat, nicht auf diesen ethnischen Bereich reduziert?

Sie haben recht, das kann passieren. Deswegen gibt es ja Diskriminierung, weil Menschen über bestimmte Merkmale wahrgenommen werden.

Themen wie Ehrenmord, Zwangsverheiratung haben Sie auf die Agenda des Türkischen Bundes gesetzt. Welche werden Sie der Sozialsenatorin Heide Knake-Werner, der Sie nun unterstehen, ans Herz legen?

Altersdiskriminierung etwa. Homophobie. Auch die Problematik der Mehrfachdiskriminierung wird einen festen Platz auf unserer Agenda haben.

Ihre Vorgängerin hat eine umstrittene Broschüre über Diskriminierung von Kopftuchträgerinnen herausgegeben. Setzen Sie auch auf dieses Thema?

Bei Diskriminierung schaut man, gerade in Deutschland, oft zuerst auf das Merkmal ethnische Herkunft oder auf die Religionszugehörigkeit. Ich denke, es ist wichtig, auch andere Themen ins Blickfeld zu rücken.

Wie erreicht man Antidiskriminierung?

Indem man die Bevölkerung für das Thema sensibilisiert. Und indem wir möglichst früh anfangen, Prävention zu betreiben, damit diskriminierendes Denken und Handeln nicht entsteht. Auf der anderen Seite müssen wir Opfern helfen.

Was müsste geschehen, damit Sie selbst Ihre Arbeit als erfolgreich wahrnehmen?

Neben einem funktionierenden Kooperationsnetz und effektiven Strategien gehören gute Veranstaltungen dazu, die wir machen. Veranstaltungen, über die Menschen noch lange reden. Die Arbeit muss sich auch in Zahlen zeigen, es muss langfristig sichtbar sein, dass Diskriminierung abgebaut wird. Dafür müssen wir vor allem auch Gruppen erreichen, die das Wort Diskriminierung noch nie gehört haben.

INTERVIEW: WALTRAUD SCHWAB