Gepäckkontrolle halbiert die Demo

Während „oben“ in den Bergen die Vertreter der Weltwirtschaft schon mal über die Kriegsfolgen parlieren, vermasseln „unten“ in Davos die DemonstrantInnen den Protest. Statt einer kraftvollen Demo produzieren sie das, wogegen sie sind: Gewalt

aus Davos PIETER POLDERVAART

Die Kriegsangst steigt – und das nicht nur bei den Demonstranten. Zwar erwarte die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) normalerweise keine weltweite Ölkrise. „Im Falle eines Irakkrieges kann das Kartell aber nur wenig gegen einen Anstieg unternehmen“, sagte Opec-Generalsekretär Alvaro Silva Calderón auf dem World Economic Forum (WEF) in Davos. Wie die Weltwirtschaft die Kriegsgefahr bewertet, machten die Kursentwicklungen am Wochenende deutlich: Ölpreise und Eurokurs schossen in die Höhe, die Preise für Benzin, Heizöl und Erdgas ebenfalls. An den Börsen gaben die Kurse dagegen rasant nach.

Immerhin kamen am Samstag die Züge durch – und zwar „ohne Kontrolle!“, so die Organisatoren der Demo gegen das Weltwirtschaftsforum. Doch die Freude betraf nur zwei Züge: Der nächste Shuttle nach Davos entpuppte sich als Knock-out für die ganze Bewegung. Zwar ließ sich die Bündner Polizei auf einen Kompromiss ein. Die DemonstrantInnen mussten nicht aussteigen und sich im Freien einer Gepäckkontrolle unterziehen, sondern die Beamten hätten in den Zug kommen sollen. Doch in die überfüllten Abteile war für die Beamten kein Reinkommen. Sprechweise der Polizei: Die WEF-KritikerInnen behinderten die Ordnungskräfte am Besteigen der Züge. Stundenlange Verhandlungen blieben ohne Ergebnis. Schließlich demonstrierten lediglich 1.500 Menschen gegen die Weltwirtschaft.

300 Radikale, die es nicht bis Davos geschafft hatten, begannen in Landquart die Schienen zu blockieren und Steine in Richtung der nahen Autobahn zu werfen. Die Polizei reagierte mit massivem Tränengaseinsatz; ebenso lieferten zwei deutschen Wasserwerfer „Hilfestellung“ – aufgrund eines deutsch-schweizerischen Polizeivertrags.

„Für Gepäckkontrolle und die visuelle Überprüfung durch den Schweizer Staatsschutz gibt es keine rechtliche Grundlage“, sagt Bewegungsanwalt Viktor Györffy. Streit aber gab es gestern, wie man hätte reagieren sollen. Während Hardliner um den „revolutionären Aufbau“ jede Kontrolle strikt verweigerten und spät abends auf der Heimreise in Bern dutzende von Schaufenstern einwarfen, waren Sozialdemokraten und Grüne der Auffassung, eine kraftvolle Anti-WEF-Demo in Davos wäre wirkungsvoller gewesen, als sich auf halbem Weg stoppen zu lassen. Das wird nun nichts mehr: Morgen geht das WEF zu Ende.