Scheindebatte über Steuerreform

Bundesfinanzminister will nicht über vorgezogene Steuersenkungen zur Stützung der Konjunktur und höhere Mehrwertsteuern reden. Konjunkturexperten zeigen sich uneins

BERLIN taz/rtr ■ Morgen wird Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) seinen Jahreswirtschaftsbericht vorstellen und aller Erwartung nach seine Konjunkturprognose von 1,5 auf ein Prozent Wirtschaftswachstum senken. Das ist eine klare Ansage, auch wenn der Wert immer noch – wie bereits üblich – über den Vorhersagen der etablierten Wirtschaftsforschungsinstitute liegt: Die Krise wird auch das laufende Jahr prägen. Kein Wunder, dass es sich diverse Experten nicht nehmen ließen, im Vorfeld des Berichts – und der anstehenden Landtagswahlen – noch einmal über Möglichkeiten zu streiten, wie die Konjunktur anzukurbeln sei.

Im Mittelpunkt standen dabei Berichte, nach denen die Bundesregierung plane, die im Rahmen der Steuerreform geplanten Steuersenkungen vorzuziehen und durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent gegenzufinanzieren. Obwohl Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) die Pläne umgehend dementierte und die Debatte damit gegenstandslos machte, plädierten der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, und Handwerkspräsident Dieter Philipp für schnelle Senkungen der Einkommenssteuern. Liberale Wirtschaftsforscher wie Joachim Scheide vom Kieler Institut für Weltwirtschaft erklärten sie dagegen für überflüssig. Der Präsident des eher sozialdemokratischen Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, wollte niedrigere Steuern zur Ankurbelung der Konjunktur für den Fall eines Irakkriegs als „echte Option“ verstanden wissen. BW