Kein Eisberg im Sumpf

Der Untersuchungsausschuss Bau und Immobilien legt seinen vorläufigen Abschlussbericht vor. Für SPD und CDU gibt es in Bremen kein „System Zech“. Die Grünen wollen in zwei Wochen einen eigenen Bericht vorlegen

taz ■ „Die Vermutungen aus dem Einsetzungsbeschluss haben sich nicht bestätigt“ – damit zog der Vorsitzende Herman Kleen (SPD) gestern einen Schlussstrich unter zehn Monate Arbeit im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Bau und Immobilien. Mit seiner CDU-Kollegin Catrin Hannken habe er den Bericht „eng abgestimmt“ – mit dem grünen Vertreter dagegen nicht: Matthias Güldner bekam das 266-Seiten-Werk 17 Stunden vor der Presse zu lesen, dazwischen lag gerade noch eine Nacht. Er hat nun zwei Wochen Zeit, ein so genanntes Minderheitenvotum zu verfassen, das dem endgültigen Abschlussbericht dann angehängt wird.

Darin will Güldner alle Fakten aufnehmen, die in Kleens Bericht „mutwillig vorenthalten“ würden. „Unser Problem war ja“, so Güldner, „dass wir aus Akten Kenntnisse haben, die entscheidenden Zeugen aber sehr umfassend von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben.“ Diese Ankündigung löste einen kleinen Wutausbruch des Ausschussvorsitzenden aus: „Es ist unerträglich, wie die Grünen die Rechte von Beschuldigten mit Füßen treten“, schimpfte Kleen in der gemeinsamen Pressekonferenz. Immer wieder versuchten sie, die Inhalte vertraulicher Ermittlungsakten in die Öffentlichkeit zu bringen. „Ich bin darüber richtig persönlich sauer“, sagte Kleen mit hochrotem Kopf, „weil ich es eigentlich auch richtig finde, über eine andere Koalition nachzudenken.“

Vorerst demonstrierte Kleen jedoch große Einigkeit in der bestehenden Koalition. „Es gibt keinen Sumpf aus Politik, Verwaltung und Bauwirtschaft“, so das gemeinsame Fazit, und die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen Bestechung von Behördenmitarbeitern durch die Firma Zechbau hätten sich nicht als die „Spitze eines Eisberges“ erwiesen. Der Ausschuss, so Kleen, habe „den Sinn erfüllt, einen durch den Einsetzungsbeschluss ausgesprochenen Generalverdacht aufzulösen.“

Seine Kollegin Hannken ging sogar noch einen Schritt weiter: „Nichts Neues“ habe der Ausschuss herausgefunden, es gebe keinerlei Verfehlungen auf politischer Ebene. „Den Verdacht der Korruption hat es nicht gegeben, und er ist auch nicht gerechtfertigt.“ Es sei nun belegt, dass es das „System Zech“ nicht gebe. Die Grünen hätten den Ausschuss dazu benutzt, Vorurteile gegen die Bremer Baubranche zu nähren und damit den Standort geschädigt, aber keine Beweise vorgelegt.

Dagegen erinnerte Güldner daran, dass neben dem höchsten Beamten der Baubehörde, Gottfried Zantke, gegen vier weitere Beamte wegen des Verdachts der Vorteilsannahme ermittelt worden sei. Er erwarte, dass auch Sportamtsleiter Hoffmann „spätestens“ suspendiert würde, wenn Anklage gegen ihn erhoben werde. Auch wenn zwei Fälle verjährt seien, werde daraus klar, dass die Zechbau-Abrechnungen für das Privathaus von Zantke, die auf die Ostkurve des Weserstadions „umgebucht“ wurden, kein Einzelfall seien. Im Fall Zantke sei eindeutig, dass der inzwischen angeklagte Ex-Abteilungsleiter seinen Einfluss auf Vergabeentscheidungen zugunsten von Zechbau geltend gemacht habe.

Der Abschlussbericht vemerkt hierzu, durch die falschen Rechnungen sei dem Staat kein Schaden entstanden, weil die Ostkurve schließlich zum Festpreis gebaut worden sei. Und der Verzicht auf eine Ausschreibung der Bauarbeiten am Weserstadion war laut dem Bericht zwar illegal, aber ebenfalls nicht schädlich, da eine günstigere Realisierung auch mit Ausschreibung „nicht zu erwarten“ gewesen sei.

Als „echtes Problem“ wertet die Ausschussmehrheit der großen Koalition, dass Privatunternehmen frühzeitig in die Planung von Bauprojekten einbezogen werden. Das bringe die Gefahr einer „schleichenden Selbstbindung“ mit sich, oder wie Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) sagt: „Präferenzkorridore“. Angesichts der Bremer Haushaltsnotlage zeigt der Ausschuss aber „Verständnis“ für diese Praxis, weil nur so private Investoren gewonnen werden könnten. Gleichzeitig hält der Bericht fest, es sei der Verwaltung „im Wesentlichen“ gelungen, die „Chancengleichheit auf der Investorenseite“ zu gewährleisten.

Jan Kahlcke