Die Endlagerstätte für Rechtsradikale

Nachwuchsförderung à la Christian Wulff: In Niedersachsens CDU können einstige NPD-Funktionäre Karriere machen

CDU-Abgeordnete erweisen sich als echte U-Boote für den Verfassungsschutz

Als der Spitzenkandidat der niedersächsischen CDU, Christian Wulff, im Februar 2002 das anrollende NPD-Verbotsverfahren als „aktionistisch“ kritisierte, muss in seinem Landesverband bereits Besorgnis geherrscht haben. Schließlich gedachte Bundesinnenminister Otto Schily durch das NPD-Verbot einen bisher legalen Nachwuchslieferanten der niedersächsischen CDU zu kriminalisieren. Mit der NPD sind Christian Wulff und sein Landesverband tatsächlich enger verbunden, als es manchem Wahlkämpfer lieb sein dürfte.

So kürte beispielsweise die CDU Braunschweig den einstigen NPD-Spitzenfunktionär Gert Hoffmann zum Kandidaten für die Wahl des Oberbürgermeisters im September 2001. Die CDU wusste, dass Hoffmann während des Studiums stellvertretender Bundesvorsitzender des NPD-Hochschulbundes NHB war: „Die NPD muss und wird die Jugend in unserem Volke gewinnen!“, schrieb Hoffmann in den Deutschen Nachrichten (43/69). Als CDU-Stadtdirektor von Gifhorn sorgte Hoffmann 1989 mit Sätzen wie „Asylanten verstopfen alles … der Asylantenbestand soll kurzfristig drastisch und mittelfristig ganz abgebaut werden“ für Begeisterung in der örtlichen Skinhead-Szene.

In Braunschweig, wo Adolf Hitler schon 1932 Regierungsrat und deutscher Staatsbürger wurde, wollte die CDU mit Hoffmanns Nominierung endlich wieder für Ekstase sorgen. Der ortsansässige Internet-Großhändler Richard Borek unterstützte den Ex-Neonazi Hoffmann durch ganzseitige Zeitungsinserate, in denen er die „Kompetenz“ Hoffmanns bezeugte. Denn kompetent ist auch Richard Borek, und zwar in ähnlicher Weise wie Kamerad Hoffmann. Auf der Internetseite www.borek.de verdient er sein Geld durch den Verkauf von Briefmarken „zum 48. Geburtstag Hitlers“ oder „zum 9. Reichsparteitag 1937“ und mit Devotionalien wie den „seltensten Gedenkmünzen des Dritten Reiches“. Die Unterstützung des Gedenkspezialisten Borek zahlte sich für Hoffmann und die CDU aus: 57 Prozent der Braunschweiger wählten Hoffmann zum neuen Führer ihrer Stadt. Protest gab es kaum: Hoffmanns Mäzen Borek gilt als guter Spender und Anzeigenkunde.

Doch auch Niedersachsens CDU-Bundes- und -Landtagsabgeordnete erweisen sich als echte U-Boote für den Verfassungsschutz: Sowohl der Holocaust-Mahnmal-Gegner Klaus-Jürgen Hedrich (Wahlkreis Celle/Uelzen) als auch Jochen-Konrad Fromme (Wahlkreis Salzgitter/Wolfenbüttel) sind als Autoren der rechtsradikalen Publikation Junge Freiheit aufgeführt. Der Landtagsabgeordnete Uwe Schünemann referierte im Oktober 2000 auf einer Veranstaltung der Paneuropa-Jugend zusammen mit FPÖ-Mitglied Schmalenberg und dem rechtsextremen Autor Karlheinz Weißmann. Die Paneuropa-Union/Jugend ist ein Zusammenschluss diverser Organisationen, dazu gehört der neofaschistische Witikobund, der verkündet: „Zu den gewaltigsten Geschichtslügen der Vergangenheit gehören die 6 Millionen Juden.“ (Witiko-Brief, 1974). Trotz dieses Auftritts berief Christian Wulff Uwe Schünemann in sein „Zukunftsteam“ und wird ihn, im Falle eines Wahlsiegs am 2. Februar, zum Innenminister machen.

„Beim NPD-Verbotsantrag fühle ich mich an das Lied der zehn kleinen Negerlein in umgekehrter Reihenfolge erinnert. Jeden Tag ein neuer V-Mann. Da wird schlampig gearbeitet“, hoffte Christian Wulff vor einem Jahr. Nach der niedersächsischen Landtagswahl kann die CDU als politische Endlagerstätte beweisen, dass auch dort, wo Wulff draufsteht, NPD drin sein kann. ANDRÉ PARIS