Analysebedürftig

Alle lesen Dohnanyis Bericht. Universität gibt sich noch schnell eine eigene Grundordnung. Handelskammer denkt spektisch über Bachelor-Abschlüsse

Der Bericht zur Hochschulstruktur kann von der Uni-Homepage (www.uni-hamburg.de) heruntergeladen werden. Bis gestern früh war das 7000-mal passiert, berichtet Uni-Sprecher Peter Wiegand. Alle lesen. Am Wochenende treffen sich die Dekane der Geisteswissenschaften, die am meisten bluten sollen, mit dem Uni-Präsidenten. Davor will keiner was sagen.

Der Bericht sei „analysebedürftig“ sagt Uni-Vizepräsident Holger Weidner und verweist auf ein Wort im viel zitierten „Letter of Intent“. Die Hochschulen haben sich nur zur „hochschuladäquaten“ Umsetzung der Dohnanyi-Vorschläge verpflichtet. Das ist interpretierbar.

Um „ganz bewusst einen Kontrapunkt zu setzen“, wie die Studentenvertreterin Golnar Sepehrnia sagt, hat der Akademische Senat der Uni am Donnerstagabend eine neue Grundordnung verabschiedet. Die basiert noch auf dem rot-grünen Hochschulgesetz und hält an der Universität als Einheit fest. Die Zerteilung in elf „Schools“ würde sie vereiteln. Die Ordnung sei wohl „nur vorläufig“, schränkt Wiegand ein und verweist auf Seite 107 des Dohnanyi-Berichts. Ab sofort sollen keine Entscheidungen getroffen werden, die den Empfehlungen der Kommission widersprechen.

„Eindeutig negativ“, bewertet Martin Köttering, Präsident der Hochschule für bildende Künste (HfBK), den Bericht: „Er enthält keinerlei Entwicklungsperspektiven für die HfBK“. Wo die Kunsthochschule erwähnt wird, werde sie „geschlachtet“ für die Perspektive anderer Hochschulen. So soll die Architektur an die Bauakademie, der Film an die Hamburger Medienakademie. Besonders enttäuscht ist man am Lerchenfeld, dass die im Sommer begonnene Reform der „transdiziplinären“ Zusammenarbeit aller Fächer vollkommen ignoriert wurde. „Ich möchte auf jeden Fall mit dem Senator konstruktive Gespräche führen“, sagt Köttering. Doch sei der Dohnanyi-Bericht keine Basis.

Skepsis auch an der TU-Harburg: Die soll wie alle Unis die Absolventenquote erhöhen – von 50 auf 65 Prozent. „Das kann man nicht mechanistisch vorschreiben“, sagt Sprecher Rüdiger Bendlin. „Wir bemühen uns bereits, die Quote zu steigern. Aber viele Faktoren, die das beeinflussen, sind nicht hausgemacht.“

Kritik gab es auch von der Handelskammer. Sie äußert Zweifel an der geplanten Absicht, „flächendeckend dreijährige Bachelor-Studiengänge bei restriktiver Handhabung des Zugangs zum Master-Abschluss“ einzuführen. Dies sei aus Sicht der Wirtschaft nur dann erfolgversprechend, „wenn in den sechs Semestern eines Bachelor-Programms wesentlich mehr vermittelt wird, als dies für heutige Studiengänge im gleichen Zeitraum typisch ist“, sagte Kammer-Chef Karl-Joachim Dreyer.

KAIJA KUTTER