piwik no script img

Euro-Bausteine für die Weiterbildung der VHS

Da die Stadt nicht ausreichend Mittel für eine Volkshochschul-Zentrale hat, geht die größte Bremer Weiterbildungseinrichtung betteln: Mit 100 Euro sind Sie dabei

„Das ist hier ein wunderschönes Haus mit sehr repräsentativen Räumen – nur leider für eine Volkshochschule völlig ungeeignet,“ sagt Barbara Loer, die Leiterin der Volkshochschule. Die von Rudolf Alexander Schröder entworfene und 1914 von dem Bremer Kaufmann Gustav Albrecht Schütte als Wohnhaus errichtete Villa in der Schwachhauser Heerstraße dient der Bremer VHS schon seit 1970 als Verwaltungssitz. „Ungeeignet“ ist das Haus, weil es keinen einzigen Seminarraum gibt in der Villa. Dafür ist das Foyer um so repräsentativer.

Wenn die VHS-MitarbeiterInnen eine Hausversammlung machen wollen, sitzen sie in diesem geräumigen Foyer und auf der Treppe. In den herrschaftlichen Zimmern mit ihren hohen Decken und in den Gemächern, die für das Hauspersonal vorgesehen waren, haben die VHS-MitarbeiterInnen ihre Schreibtische stehen.

Jeder siebte Bremer Erwachsene nimmt an einem der VHS-Angebote teil. Allein 2.300 TeilnehmerInnen hat der Programmteil „Deutsch als Fremdsprache“, Hunderte von Interessierten müssen abgewiesen werden. „Wir organisieren unser Angebot zur Zeit an 230 Spielstätten, die wir mehr oder minder nach dem Jagdprinzip einwerben“, sagt Barbara Loer. Das heißt: Wenn die VHS Veranstaltungen anbieten will, muss sie dafür Räume organisieren und mieten. Irgendwo und überall.

Das bedeutet nicht nur ungeheuren Verwaltungsaufwand. Das bedeutet auch: Die VHS hat keine Adresse. „Das ist ein Zustand, den gibt es in keiner anderen deutschen Großstadt“, sagt Loer. Vor einigen Jahren gab es die Idee, die VHS könnte mit der Stadtbibliothek ins alte Polizeihaus umziehen; beide Einrichtungen arbeiten sowieso oft zusammen. Die Nachbarschaft der Bildungsangebote hätte deshalb Sinn gemacht. Mit dem Argument, es solle mehr Fläche im Polizeihaus kommerziell vermietet werden, wurde die Idee begraben. Heute ziehen die Gerichte da ein, wo angebliche „private Nutzer“ die VHS verdrängt haben.

Inzwischen gibt es erste Beschlüsse darüber, dass die VHS im Gebäude, das derzeit noch von der Hochschule für Künste genutzt wird, ihre Zentrale bekommen soll. Die Hochschule zieht im Herbst in den „Speicher XI“ um, und dann könnte der Umbau des denkmalgeschützten Hauses für die VHS beginnen. Es geht nicht nur um die normale Sanierung des alten Immobilie, der Zuschnitt der Räume muss zudem für die VHS angepasst werden, und für das VHS-Publikum müssen Aufzüge, behindertenfreundliche Einrichtungen usw. gebaut werden. Vier Millionen Euro könnte das kosten, schätzt die VHS-Leiterin. „Wenn es billiger wird, sind wir zufrieden.“ Bis zum Herbst soll das Geld dafür beisammen sein.

Das Kulturressort hat die Investitionsmittel nicht. Es gibt einen Zuschuss ebenso wie die Stiftung Wohnliche Stadt. Aber reichen tun diese Mittel nicht. Die VHS hat deshalb versucht, größere „Sponsoren“ zu finden – vergeblich, trotz Unterstützung durch die Handelskammer.

So ist auf einen Vorschlag der MitarbeiterInnen hin eine in Bremen einzigartige Aktion gestartet worden: Mit kleinen „Euro-Bausteinen“ will die VHS einen Teil der Finanzierung des Umbaus beibringen. Mit 100 Euro (halber Baustein 50 Euro) ist man dabei – und wird im geplanten Café auf einer großen Lichtsäule verewigt. (Nachfragen unter: barbara.loer@vhs-bremen.de). „Wir bleiben damit darauf angewiesen, dass Menschen in dieser Stadt sich für uns engagieren und sich bereit finden, einen Beitrag zur Realisierung unseres – und Ihres – Bildungshauses zu leisten“, heißt es in einem Aufruf, der einige tausend bildungspolitisch engagierter BürgerInnen zur tätigen Mithilfe motivieren soll.

In dem neuen Haus, so verspricht die Leiterin der VHS, wird es dann auch aktuelle Diskussionen geben. Denn die VHS will endlich in Bremen wieder ein Forum für öffentliche kommunalpolitische Debatte werden – in anderen Großstädten ist das selbstverständlich. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen