Sitzen gegen den Krieg

Rund 50 Demonstranten blockieren das Verteidigungsministerium in Mitte

Torsten hat sein Zwischenzeugnis gestern nicht abgeholt, der Frieden ist dem Elftklässler wichtiger als die Noten. Mit seinem Freund Robert stand er gestern Vormittag auf dem Potsdamer Platz, um gegen eine deutsche Beteiligung an einem möglichen Irakkrieg zu demonstrieren. „Dafür haben wir uns krank gemeldet“, gibt Torsten zu. Abwechselnd halten beide ein selbst gebasteltes Schild mit der Aufschrift „Ölspur=Blutspur“ in die Luft.

Die beiden sind dem Aufruf der Friedenskampagne „resist“ zu einer Demonstration mit anschließender Sitzblockade vor dem Verteidigungsministerium gefolgt. Über ein Nein zum Krieg hinaus fordert „resist“ eine Absage der Bundesregierung an einen Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Awacs-Spionageflugzeugen und einen Abzug der Bundeswehr aus der Golfregion.

„Ziel der heutigen Aktion ist vor allem die Moblisierung für weitere Blockaden“, sagt der Berliner „resist“-Vertreter Michael Behrendt. Bisher habe „resist“ bundesweit 5.000 freiwillige Selbstverpflichtungen zu Sitzblockaden gesammelt. „In Berlin sind es bisher etwa 400“, schätzt „resist“-Pressesprecher Christoph Bautz.

Neben Torsten und Robert ziehen etwa 50 Demonstranten die Potsdamer Straße zum Landwehrkanal hinunter, mehrheitlich Studenten und Schüler. Nur einige Ältere sind mit Isomatten sitzblockadengerecht ausgestattet. Eine von ihnen ist Claudia. Sie gehört den Berliner Aktivisten der Anti-Atom-Bewegung „Xtausendmal quer“ an und hat Erfahrung mit zivilem Ungehorsam. „Ich war auf Sitzblockaden im Wendland“, erzählt sie, die Blockade gegen den Krieg sei für sie Pficht. Neben ihr murrt ein Mitdemonstrant, der Termin sei zu früh gewählt. Das glaubt auch Torsten: „Am Wochenende oder zu einer späteren Uhrzeit wären sicher mehr gekommen.“

Die Stauffenbergstraße ist vor der Pforte des Verteidigungsministeriums auf 100 Metern abgesperrt. Davor breiten die Organisatoren eine große Plane für die Blockierer aus. Behrendt und Bautz werden durch das Gitter vorgelassen. Sie übergeben einem Ministeriumsvertreter ein Schreiben mit den „resist“-Forderungen an Verteidigungsminister Peter Struck. „Der Minister wird’s lesen“, sagt der Ministerialbeamte knapp, dreht sich um, und die eiserne Gittertür fällt hinter ihm ins Schloss. Danach passiert nicht mehr viel. Die Blockade löst sich nach etwa einer Stunde friedlich auf. Und Torsten holt sich sein Zeugnis am Montag ab. CHRISTOPH TITZ