: Nächstes Leben: Hund
Fang Yus Doku „Die Taxischwestern von Xi’an“ begleitet drei Taxifahrerinnen in der chinesischen Millionenstadt
Im nächsten Leben, wenn es denn eines gäbe, wäre sie lieber ein Hund als ein Mensch, sagt eine der Taxifahrerinnen im chinesischen Xi’an. Ein Mensch zu sein, das sei sehr anstrengend. Dabei zählen Frau Duan, Frau Wang und Frau Yu doch zu denen, die Glück hatten. Anders als ihre mittlerweile joblosen und sich als Dagong Mei, als WanderarbeiterInnen, durchschlagenden ehemaligen Kolleginnen – in China sind derzeit geschätzte 120 Millionen Menschen ohne feste Arbeit – haben sie es geschafft, mit ihren Ersparnissen den Taxischein zu machen und haben im Zuge der Privatisierungen nun ein eigenes Einkommen, das gerade dazu reicht, die Familie durchzubringen. Doch dafür sind die drei dijie – die „Taxischwestern“, wie alle sie hier nennen – auch meist mehr als zehn strapazenreiche Stunden am Tag unterwegs, 365 Tage im Jahr.
Und nicht nur die Arbeit macht den Frauen zu schaffen. Dazu kommt der tägliche Ärger mit korrupten Offiziellen und Betrügern; ein Großteil der Einnahmen geht an die Taxiverwaltung, Polizisten kassieren hohe Strafen, etwa für das Parken außerhalb der festgelegten Halteplätze und fast jeden Tag gibt es neue Gebühren: mal „Brückenzölle“, mal „Sauberkeitsabgaben“. Nicht zuletzt nimmt auch die Zahl der Überfälle rasant zu.
Fang Yus Dokumentation „Die Taxischwester von Xi’an“ porträtiert drei Taxifahrerinnen, begleitet sie während ihrer Fahrten durch die chinesische Millionenstadt. Sie erzählen von ihrer Arbeit, ihrem Privatleben, ihrem Kampf ums Überleben. Yu gibt dabei einen tiefen Einblick in den mörderischen chinesischen Arbeitsalltag. Trotz schonungsloser Bildsprache erzählt „Die Taxischwestern“ aber nicht nur vom Leid und der Plackerei. Vor allem ist der Film eine Hommage an die Kunst des Überlebens in harten Zeiten: an die Träume, die Kraft und die kleinen und großen Widerstände dreier bewundernswerter Menschen. ROBERT MATTHIES
Do, 9. 10., 20 Uhr, Lichtmess, Gaußstr. 25
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