Linke jenseits von Rot-Rot

In einem Atemzug gegen Bankenskandal und Globalisierungsfolgen: In Berlin formiert sich eine Protestbewegung gegen den SPD/PDS-Senat

aus Berlin ROBIN ALEXANDER

„Für die verdammte Bank habt Ihr doch auch Geld!“ Das Argument zieht immer, egal, ob es in der Hauptstadt um die Abschaffung berittener Polizei, die Streichung des Weihnachtsgeldes für Beamte oder Preiserhöhung im Schwimmbäder geht. Stimmt auch: Milliarden hat das Land in seine Bankgesellschaft gesteckt, nun droht ein unvorteilhafter Verkauf.

Jetzt formiert sich allerdings Widerstand, der über das allgemeine Gegrummel hinausgeht: Vom rot-roten Senat enttäuschte Akteure der Zivilgesellschaft nennen den „Bankenskandal“ als Ursache für die harsche Sparpolitik in Berlin und wollen sich mit protesterprobten Globalisierungsskeptikern vernetzen.

Die Mobilisierung dieser Neuen Linken für Berlin soll in drei Etappen geschehen. Im Februar und März wird es noch einmal um die Bank im engeren Sinne gehen. Die „Initiative Bankenskandal“ will Gegenöffentlichkeit für alternative Konzepte zum Bankverkauf schaffen und beginnt heute mit einem großen Hearing in der Kulturbrauerei im Szenebezirk Prenzlauer Berg. Die Initiative ist eine kleine, aber schlagkräftige Truppe um die Berliner Universitätsprofessoren Hans-Peter Schwintowski und Peter Grottian. Ihre Kernthese: Das Land Berlin tut mehr für seine Bank, als es müsste, und spart das Geld bei Bedürftigen wieder ein.

Ihr Ansatz findet erstaunlich breite Zustimmung. Selbst im großbürgerlichen Grunewald lobten einige Anwohner den „öffentlichen Spaziergang“ zu den Villen der Bankmanager.

Im nächsten Schritt wollen die außerparlamentarischen Linken die Sparpolitik angreifen. Die wird in Berlin von Finanzsenator Sarrazin repräsentiert, einem Neoliberalen mit sozialdemokratischem Parteibuch. Auch hier gibt es Chancen für eine unabhängige Bewegung: Die institutionalisierte Linke hat sich hoffnungslos ineinander verkämpft. SPD und PDS predigen aus dem Senat das Primat des Sparens, während die Gewerkschaften auch die kleinste Kürzung im überdimensionierten öffentlichen Dienst der Stadt ablehnen und im Februar sogar für Lohnerhöhungen streiken werden.

Im Oktober soll es dann in einer dritten Phase global werden und ein „Sozialforum“ in Berlin ausgerichtet werden. Noch ist nichts spruchreif, aber in internen Papieren wird mit 20.000 Teilnehmern gerechnet. Der Traum der Initiatoren: den Unmut über die Bankgesellschaft und die Sparpolitik in besetzte Universitäten und bestreikte Kitas und Jugendzentren zu tragen.

Der rot-rote Senat fürchtet den Unmut über die Bank stärker, als man offen zugeben mag. Schließlich verdankt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sein Amt der Bankenkrise. Die SPD wagte den Bruch der großen Koalition und das rot-rote Bündnis nur, weil sich die CDU in Sachen Bank völlig diskreditiert hatte. Heute will Wowereit unbedingt verhindern, dass das Abgeordnetenhaus dem Verkauf zustimmen muss.

Denn schon einmal stimmten SPD und PDS im Parlament für die Stützung der Bank: Mit 21,6 Milliarden Euro hat sich das Land zur „Risikoabschirmung“ verpflichtet. Vor allem ein Sündenfall der PDS, meinen Gegner des Beschlusses. Heute wird Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS), als Fraktionchef noch in der Rolle des Aufklärers, auf Protestplakaten neben den Konstrukteuren der Bankgesellschaft abgebildet. Wolf ärgert sich: „Dazu erübrigt sich jeder Kommentar.“ Der PDS-Vordenker setzt nicht auf die außerparlamentarische Aktion, sondern auf Politik aus dem Senat: „Die Bankenkrise wird nicht durch gute Wünsche und Populismus gelöst, sondern durch entschlossenes Abarbeiten der Probleme.“