unterm strich
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Der nicaraguanische Dichter, ehemalige Trappistenmönch und Exkulturminister Ernesto Cardenal präsentiert zurzeit in Deutschland seine Konzert- und Lesetour „Canto a la vida“. Wenn er nach Nicaragua zurückkehrt, droht ihm möglicherweise Hausarrest. Denn der Schriftsteller und Befreiungstheologe, der in Europa noch populärer ist als in Lateinamerika, wurde von seinem ehemaligen politischen Weggefährten und späteren Gegner Daniel Ortega – dem alten und neuen sandinistischen Präsidenten – wegen Verleumdung verklagt, nachdem er Ortega einen Dieb genannt hatte. Daraufhin wurden Cardenals Konten gesperrt, der Dichter stand mittellos da.

Ernesto Cardenal hatte in den 70er-Jahren den lyrischen Überbau zur sandinistischen Revolution geliefert, die 1979 siegreich war und die Daniel Ortega mitbefehligte. Seit Ortegas erneuter Präsidentschaft, die er im Januar 2007 antrat und die er sich unter anderem mit einer Kampagne gegen Abtreibung sicherte, schreibt Cardenal gegen Ortega an; im Gespräch mit der Welt nannte er ihn einen „stalinistischen Mafioso“. Ortega steht außerdem im Verdacht, seine Stieftochter seit deren 11. Lebensjahr sexuell missbraucht zu haben. Mehrere nicaraguanische Intellektuelle und Sandinisten der ersten Stunde starteten deshalb eine Kampagne gegen ihn.