COLUMBIA-ABSTURZ ZEIGT: BEMANNTE RAUMFAHRT BLEIBT EIN ABENTEUER: Das Nasa-Konzept ist gescheitert
Ein Spaceshuttle sieht aus wie ein Flugzeug – aber er ist keins. Er ist das komplizierteste und gefährlichste Raumschiff, das jemals gebaut wurde. Überhaupt basiert bemannte Raumfahrt auf der kompliziertesten und gefährlichsten Technologie, die jemals erdacht wurde. Um diese Technologie einigermaßen zu handhaben, bedarf es zehntausender Menschen und Milliardensummen. Und auch die sind keine Garantie gegen ein Scheitern.
Diese Binsenweisheiten kennt niemand besser als die Nasa-Angestellten, die mit bemannter Raumfahrt zu tun haben. Keine andere Raumfahrtagentur steht so sehr unter Spar-, Erfolgs- und Visionsdruck wie die amerikanische. Und keine andere Raumfahrtagentur leistet sich einen derartig großen Propagandaapparat, um der Öffentlichkeit zu suggieren, dass sparen, erfolgreich sein und Visionen verwirklichen zugleich möglich seien.
Seit geraumer Zeit beklagen Raumfahrtexperten und raumfahrtbegeisterte Laien in den USA, dass es seit den Apollo-Flügen zum Mond an großartigen Zukunftsszenarien fehlt, etwa an bemannten Flügen zum Mars, die den Anfang einer Kolonisierung des Nachbarplaneten der Erde darstellen könnten. Währenddessen versucht die Nasa, der US-Gesellschaft in PR-Initiativen zu erklären, wie sehr ihre bemannten Raumfahrtmissionen dem Wohl der Erde dienen, wie viele Verbesserungen für den Alltag der irdischen Bevölkerung sie bringen und um wie viel billiger all das immer wird. Obwohl die Nasa seit Jahren mit massiven Haushaltskürzungen klarkommen muss, mag niemand zugeben, dass ihr bisheriges „Besser, billiger, schneller“-Konzept längst gescheitert ist.
So zynisch es in dieser Situation klingen mag – die Tiefe des Schocks über den tragischen Unfall der Columbia-Raumfähre liegt auch an diesen Verhältnissen. Bemannte Raumfahrt ist in erster Linie ein Abenteuer. Das Überleben der Menschheit hängt nicht von ihr ab. Die USA könnten auf sie verzichten. Sie werden es wohl nicht tun, unter anderem auch deswegen, weil Menschen in ihrer Geschichte bisher selten auf ein Abenteuer verzichtet haben. Das ist durchaus ein legitimes Motiv. Nur muss es ehrlicherweise auch benannt werden. Genauso wie sein Preis. KENO VERSECK
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