Kein klares Konzept

Geschichtswerkstätten zeigen im Katalogsaal der Staatsbibliothek unverbundene Histo-Häppchen

Der Katalogsaal der Staatsbibliothek ist kein gemütlicher Ort. Bildschirme für die Literaturrecherche konkurrieren mit bereits angezählten Karteikästen. Wer hierher kommt, hat ein klares Ziel. Nicht die besten Vorraussetzungen für eine Ausstellung, die sich an Laufkundschaft wendet. Dennoch werden hier immer wieder Vitrinen aufgestellt. Derzeit sind die Hamburger Geschichtswerkstätten zu Gast. Unter dem Titel „Kneipen, Kinos, Tanzpaläste. Treffpunkte in Hamburger Stadtteilen“ zeigen sie Proben ihrer Arbeit.

„Bundesweit ist Hamburg die einzige Stadt, in der Stadtteilarchive und Geschichtswerkstätten in zahlreichen Stadtteilen für und mit Menschen vor Ort die Lokalgeschichte erforschen“, lockt der Plakattext. Spannende Geschichte „von unten“ könnte man erwarten. Doch die Schau ist eher ein lokalgeschichtlicher Gemischtwarenladen. Die Bramfelder haben eine Pinnwand mit Fotos und alten Postkarten des Seehofs, eines alten Lokals am Bramfelder See, ausgestellt. Das Bergedorfer Kultur- und Geschichtskontor dokumentiert den politischen Kampf um den Sander Wasserturm, ein vernachlässigtes örtliches Wahrzeichen. Die Vitrine der Barmbeker Werkstatt ist dem Café König unter besonderer Berücksichtigung seiner Rolle als Treffpunkt der Swing-Jugend im Dritten Reich gewidmet.

Eine gemeinsame Fragestellung wird nicht entwickelt. Es scheint, als hätten die Werkstätten nicht wirklich zusammengearbeitet, um etwas Neues entstehen zu lassen. Da ist wohl herausgesucht worden, was man sowieso im Bestand hat: Vitrinenrecycling. Außerdem sieht man die Unterschiede in der Arbeitsweise. Geschichtswerkstätten haben das Ziel, lokale Geschichte zu erforschen. Schwerpunkt ist der Alltag der Menschen. Insofern sind lokale Treffpunkte als Thema der Schau gut gewählt, um diese Arbeit vorzustellen. Doch während einige nur anekdotenhaft sammeln, strukturieren andere und bieten Lesarten an.

Auch die Gestaltung ist uneinheitlich, die Auflockerung durch Objekte von unterschiedlicher Qualität. Die Lage an einem Durchgangsweg, der von zwei Seiten begangen wird, macht das Unterfangen nicht einfacher. Merke: Ausstellungen sind mehr als eine Ansammlung von Vitrinen. Aber vielleicht sind die Histo-Häppchen ja gerade richtig für angespannte NutzerInnen des Lesesaals in der Pause zwischen zwei Büchern.

Christian Rubinstein

Mo–Fr 9–21, Sa 10–13 Uhr, Katalogsaal der Staatsbibliothek; bis 1. März