Bitte nicht mehr Bayern-Jäger

Werders Abschied als Kandidat für die Meisterschaft. Dafür gibt‘s einen neuen Hoffnungsträger im Norden

taz ■ Als Nummer eins im Norden und mit flotten Sprüchen reiste Werder Bremen an die Elbe, auf leisen Sohlen und tief frustriert trat der Bundesliga-Dritte die Heimreise an. Das Wort Bayern-Jäger wollte Trainer Thomas Schaaf nach dem 0:1 im Derby beim Hamburger SV denn auch nicht mehr hören: „Es ging nur noch darum, wie hoch wir gewinnen. Ich habe gewarnt vor zu großen Erwartungen.“ Konfrontiert mit den Erinnerungen an das Vorjahr, als Werder nach einer guten Hinserie völlig einbrach, wurde der Fußballlehrer sogar ungehalten: „Was letztes Jahr war, interessiert mich wenig, es ist mir relativ wurscht.“

Maßlos enttäuscht über den Fehlstart in die Rückrunde (ein Punkt aus zwei Spielen) und nun neun Punkten Abstand zum FC Bayern München war Manager Klaus Allofs: „Wir spielen einfach nicht gut. Der HSV hat uns heute gezeigt, wie man eine Derby-Stimmung aggressiv umsetzt und nicht nachlässt.“ Einfach „chaotisch“ fand Werders Abwehrchef Frank Verlaat die 90 Minuten. Sein Patzer vor dem einzigen Tor von Sergej Barbarez (55.) war die Schlüsselszene. Werders Abwehrschwäche mit 30 kassierten Treffern will auch Schaaf vor der englischen Woche mit Pokal- und Punktspiel gegen den TSV 1860 München in den Mittelpunkt des Trainings stellen.

Hoch erhobenen Hauptes treten die Hamburger als Tabellen-Sechster ihre Dienstreise am Wochenende nach München an. „Ich wünsche mir, dass die Serie von neun Spielen ohne Niederlage nicht abreißt“, sagte Vereinschef Bernd Hoffmann an seinem zweiten Arbeitstag und freute sich, die Rolle von Interimschef Ronny Wulff als Glücksbringer übernommen zu haben. „So aufgeregt war ich in meinem ganzen Leben beim Fußball noch nicht“, meinte der 40-Jährige, der sich aus sportlichen Belangen ganz heraushalten will.

Auch HSV-Trainer Kurt Jara war sichtlich erleichtert: „Wir standen am Scheideweg. Nun haben wir den Abstand nach unten ausgebaut und sind auf einem guten Weg.“ Besonders erfreut war der Österreicher, dass seine Jungs auf dem Platz die richtige Antwort auf die frechen Sprüche der Bremer gegeben haben. So hatte der ehemalige Hamburger Fabian Ernst vor dem 78. Derby seinen alten Verein scharf mit den Worten kritisiert: „Beim HSV gibt es zu viele Auslaufmodelle. Werder wird auf Jahre die Nummer eins im Norden bleiben, weil es junge Leute mit Perspektive hat“. Für Barbarez waren das genau die richtigen Sprüche: „Das hat uns angeheizt.“ Als Stürmer mit Perspektive zeigte sich bei seiner Heim-premiere der japanische Torschützenkönig Naohiro Takahara. Der 23-Jährige stand oft goldrichtig, nur an Abgebrühtheit mangelte es noch. „Er braucht noch Zeit, aber er wird sich steigern“, ist sich Sturmpartner Barbarez sicher. Britta Körber, dpa