Medienzentrum? Gibt es längst!

Das Medienzentrum in Walle feiert seinen 10. Geburtstag: Ohne viel Brimborium, aber mit einem Programm, das seinen Wirkungskreis widerspiegelt

Keines der vielen Projekte ist in zehn Jahren den Bach hinunter gegangen Die Kompetenz des Medienzentrums ist in der Branche unbestritten

Die Stadt brauche unbedingt ein „Medienzentrum“ sagen all jene, die das Faulenquartier gerne mit Radio Bremen als „Ankermieter“ aufpeppen wollen. Auch wenn es die Diskussion darüber nicht weiterbringt, möchte man als kleiner Besserwisser manchmal dazwischenrufen: Ein Medienzentrum gibt es doch schon längst!

In den späten 80er Jahren war Walle das Sorgenkind der Stadtplaner, das kulturell aufgewertet werden sollte. Also wurde an der Waller Heerstraße 46, wo passenderweise früher das schöne „Decla-Kino“ stand, ein Medienzentrum gebaut. Nach Querelen und Verzögerungen (sowas hat in Bremen Tradition) war es 1993 endlich fertig. Mittlerweile ist es vielleicht deshalb vielen Bremern aus dem Sinn gekommen, weil es so unauffällig und gut funktioniert.

Keines der vielen Projekte ist in den zehn Jahren den Bach hinunter gegangen: Neben dem Kommunalkino „Kino 46“ sind das Bremer Filmbüro und das Medienpädagogische „Nullsatt Studio“ von Beginn an dabei. Dazu kamen „Radio 46“, das für den offenen Kanal produziert, die Filmemacher-Gruppe „WieDeo“, das Fotostudio der Volkshochschule, das Weiterbildungs- und Umschulungsprojekt „Target“, eine Redaktion von „Bremen Online“ und das seit einiger Zeit überraschend gut besuchte „Café 46“.

1.1 Millionen Euro stellt der Kultursenator dem Medienzentrum pro Jahr zur Verfügung – die Subventionen sind in zehn Jahren nicht mehr, aber immerhin auch nicht weniger geworden. In der Branche ist die Kompetenz des Medienzentrums unbestritten, das zeigen am eindrucksvollsten die Kooperationen. Egal ob Uni, Theater, Museen, Selbsthilfegruppen oder Institut Français: Wenn eine Bremer Institution etwas mit Film, Video oder Multimedia machen will, dann ist das Medienzentrum die wichtigste Adresse.

„Eine kleine aber feine Feier“ nennt die Medienzentrum-Geschäftsführerin, Margit Delfs das Geburtstagsprogramm. Und „kostengünstig“, denn eigentlich ist dafür „gar kein Geld da.“ So werden fast nur Eigenproduktionen präsentiert – was auch Sinn macht, in den zehn Jahren ist schließlich genug Sehenswertes entstanden.

Ab Donnerstag zu sehen: Die Ausstellung „Casting, die unentdeckten Stars“. Fotoarbeiten, Videos, C-Prints und Texte befassen sich mit dem Thema „Ich als Superstar“. Am Freitag um 16 Uhr folgt das Kinderprogramm „Märchen, Träume, Phantasien“ (Wiederholung: Sonntag, 16 Uhr). Offiziell eröffnet werden die Festivitäten am Freitag um 19 Uhr durch Kultursenator Kuno Böse. Gleich nach Böses Rede gibt‘s das Filmquiz „Sie kennen Kino“: Bremer Kulturschaffende führen Filmszenen als Scharaden auf, die von Bremer Promis erraten werden müssen.

Am Samstag zeigen ab 16 Uhr die Projekte „Nullsatt“, „Target“ und „Wiedeo“ jeweils 60 Minuten lange „best of“-Programme. Bei „Nullsatt“ hatte man wohl das Gefühl, zehn Jahre seien genug: Statt eines Jubiläums will man eine Taufe feiern und sich in Zukunft „makemedia-studios“ nennen. All das gibts umsonst, nur die 22. Folge der Young Collection um 20.30 Uhr ist kostenpflichtig.

Am Sonntag um 11 Uhr veranstaltet das Nordwestradio eine Gesprächsrunde mit Filmproduzentin Elke Peters, dem Intendaten von Radio Bremen, Heinz Glässgen (angefragt), und dem medienpolitischen Obmann der CDU, Bernd Neumann. Die Gesprächsrunde wird allerdings nicht live übertragen, der Sendetermin ist am 16.2. um 11.05 Uhr.

Den Abschluss bildet um 20.30 Uhr eine typische „Kino 46“-Veranstaltung (auch nicht umsonst): Einmal pro Monat zeigt das Kino 46 einen Stummfilm mit live gespielter Musik, an diesem Sonntag sind es drei Filme des Avantgardisten Joris Ivens, zu denen Hanns Eisler Musik schrieb, die von Ezzat Nashashibi und seinem Ensemble gespielt wird. Ein bescheidenes, solides, aber reichhaltiges Jubiläums-Programm, das den Wirkungskreis des Medienzentrums genau widerspiegelt. Herzlichen Glückwunsch!

Wilfried Hippen