Der Kommentar: Der Welt die Brust gegeben
Angelina Jolie nimmt sich ihre Sprösslinge zur Brust. Brad Pitt zückte verzückt die Kamera. Und beide wollten diesem Dokument ihrer Liebe und Fruchtbarkeit nun ein Schicksal ersparen: dass es die Welt vielleicht nicht sieht. Eine neue Portion Brangelina-Intimität liegt bald im Zeitschriftenhandel. Wen kümmert’s ?
Frau Jolie, Mutter von sechs Kindern, einige adoptiert, einige selbst ausgetragen, und im Nebenberuf Hollywood-Schauspielerin, zimmert mit dem Cover der November-Ausgabe des US-Magazins W weiter am Glanz ihrer Marke: die Übermutter, an deren Brust die Welt genesen könnte.
In Schwarz-Weiß-Ästhetik gedruckt, ist dieser gebannte Moment der Glückseligkeit der farbigen Realität entrückt, Traum- und Ikonen-fähig: Eine Baby-Hand spreizt die Finger über Jolies kaum entblößter linker Brust. Zu wem diese nach oben strebende Hand gehört, ist nicht zu erkennen. Das bleibt ein Geheimnis und damit kann es jeder sein: Fantasien, nehmt euren Lauf.
Jolie und Pitt inszenieren sich als Oberhäupter einer kosmopolitschen Patchwork-Familie, die jettet und jettet und nebenher Kinder aus dem Elend rettet. So weit, so gut!? Denn natürlich sollte ihnen jeder, der sich nicht den Vorwurf des Neids einfangen will, glauben, dass einige ihrer Kinder keine Souvenirs von der letzten Reise sind, unschlagbare Accessoires bei jedem Auftritt. Ungefragt müssen sie dazu herhalten, das gewünschte Image der Mütter- und Väterlichkeit ihrer Eltern zu illustrieren. Doch was würde fehlen, wenn diese Bilder fehlen?
Weniger wäre für die beiden mehr. Was ist, wirkt nur noch wie ein netter Trip, notwendig fürs Image und die eigene Marke. Machen die beiden so weiter, taugen sie bald zur Werbe-Familie für Jogurt und Tütensuppen. Und sicherlich lässt sich Eva Hermans Buch vom Glück des Stillens mit diesem neuen Jolie-Foto wieder neu auflegen. Was für eine Perspektive. FELIX RETTBERG
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