Dem Tod auf der Spur

Brechmitteleinsatz gegen Achidi John: Anwältin will mit einer Klageerzwingung die Hamburger Staatsanwaltschaft zwingen, den Todesfall ernsthaft aufzuklären

Der Tod von Michael Paul Nwabuisi alias Achidi John infolge eines gewaltsamen Brechmitteleinsatzes in der Rechtsmedizin an der Uniklinik Eppendorf im Dezember 2001 soll neu aufgerollt werden. Mit einem „Klageerzwingungsverfahren“ vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht soll die Staatsanwaltschaft gezwungen werden, endlich Ermittlungen gegen die Ärztin Ute L. und die beteiligten Polizisten wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung einzuleiten. „Die haben zu siebt einen Menschen zu Tode gebracht“, klagt Anwältin Gabriele Heinecke, die die Angehörigen des Nigerianers vertitt. „Die Staatsanwaltschaft müht sich bis zum heutigen Tage, die Akteure des tödlichen Brechmitteleinsatzes zu schützen.“

Beim Studium der Akten sind Heinecke einige Merkwürdigkeiten aufgefallen. So hatte die Staatsanwaltschaft schon im so genannten „Vorermittlungsverfahren“ – das es nach der Strafprozessordnung gar nicht gibt – die Akte geschlossen, da sie von einem „schicksalhaften Tod“ aufgrund einer Herzerkrankung ausging. Intensivmedizinische Unterlagen würden aber ergeben, dass das Herz nach der Reanimation wieder geschlagen habe, so Heinecke: „Das Herz hat geschlagen bis zum Feststellen des Hirntodes.“

Es sei vielmehr davon auszugehen, dass aufgrund der massiven Gewaltanwendung der Polizisten im Brust- und Halsbereich und auf sensible Reflexpunkte sowie durch das Einführen der Nasensonde durch die Ärztin der Herzstillstand von Impulsen aus dem Gehirn ausgelöst worden sei. „Vermutlich stand das Herz schon still, als ihm das Brechmittel eingeflößt worden ist“, sagt Heinecke. „Die Lunge ist voll von irgendeiner Flüssigkeit.“

L. sei als Gerichtsmedizinerin ohne Erfahrung in der Notfallmedizin völlig überfordert gewesen. „Sie hat eine Situation heraufgeschworen, der sie nicht gewachsen war.“ Sie habe vermutet, das Achidi John simuliere, als er zusammenbrach. „Sie dachte, Schwarze stellen sich immer tot“, so Heinecke. Erst als die anwesende Studentin Alarm schlug, sei panisch und dann auch noch dilettantisch reagiert worden. Als die Notärzte eintrafen, sei die Sauerstoffversorgung des Gehirns bereits minutenlang unterbrochen gewesen. „Bislang sind die herbeigeeilten Anästhesisten aber nicht als Zeugen vernommen worden“, moniert die Anwältin. Auch wichtige Beweismittel seien verschwunden.

Grundsätzlich bestehen für Heinecke Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Brechmitteleinsatzes. „In der Akte befindet sich dazu kein Vermerk.“ Zwar soll Staatsanwalt Gerhard Brinkert ihn telefonisch genehmigt haben, dafür habe aber ohne richterliche Kontrolle kein rechtsstaatlicher Sachzwang bestanden. „Die Einschaltung eines Gerichts“, steht für Heinecke fest, „ist umgangen worden.“

KAI VON APPEN