Live aus dem CSU-Stadtrat

Beim BR darf Günther Koch mit SPD-Mandat nicht fußballreportern, ein CSU-Mann hingegen berichtet unbescholten in der „Abendschau“

Das Bayerische Fernsehen macht seinem Ruf als CSU-Sender wieder einmal alle Ehre. Es hofiert nicht nur die Staatspartei, sondern beschäftigt nun sogar einen CSU-Politiker als Reporter für seine „Abendschau“, die wichtigste aktuelle Sendung neben den Nachrichten.

Der 34-jährige Nürnberger Stadtrat Volker Meyer berichtet seit diesem Winter regelmäßig als freier Mitarbeiter – zum Beispiel über das Münchner Transrapid-Projekt. Als ÖPNV-Experte der CSU-Fraktion liegt ihm das Thema sicherlich nahe. Gerade deshalb schürt der Fall Meyer den öffentlichenÄrger gegenüber dem Intendanten des Bayerischen Rundfunks (BR), Thomas Gruber.

Längst schütteln viele BR-Mitarbeiter den Kopf über den Senderchef. Schließlich hatte Gruber Mikrofon und politisches Mandat für unvereinbar erklärt, als der beliebte Fußball-Radioreporter Günther Koch sich als SPD-Kandidat für die Landtagswahl am 21. September aufstellen ließ.

So erhielt Gruber zu seinem gestrigen 60. Geburtstag neben Glückwunschschreiben auch einen Protestbrief des bayerischen SPD-Vorsitzenden Wolfgang Hoderlein. „Darf man politischer Fernsehredakteur und CSU-Politiker sein, aber nicht SPD-Politiker und Fußballreporter?“, schrieb er dem Intendanten. BR-Sprecher Rudi Küffner betont, CSU-Stadtrat Meyer werde nur auf freier Basis als Reporter für bunte Themen eingesetzt, „und das nur in Südbayern und nicht in Nürnberg“.

Allerdings widmet sich Meyer in der „Abendschau“ auch schon mal der Kappung der Eigenheimzulage durch die Bundesregierung, die die CSU heftig kritisierte. Der Kommunalpolitiker bestreitet jedenfalls einen Interessenkonflikt zwischen seiner Arbeit für die Partei und dem BR. „Ich sehe das gar nicht“, sagt er der taz. Ausführlicher äußern will er sich aber nicht, schließlich müsse diese Frage sein Sender entscheiden. Immerhin kann die SPD beruhigt sein. Meyer arbeitet in dieser Woche nicht für den BR. Warum, verrät er nicht.

Nicht einmal Günther Koch, 61-jähriger SPD-Hoffungsträger und der „Kisch der Bundesliga-Schalte“ (Stern), will den Fall Meyer kommentieren: „Ich habe mich ein Leben lang christlich-sozial verhalten. Das tue ich auch jetzt, indem ich den Mund halte.“ Ihm wird der BR das Mikro abdrehen, wenn er, wie erwartet, in den Landtag einzieht.

CSU-Medienexperte Markus Söder, der den BR-Intendanten auf diesen Kurs gebracht hat, meint: „Das sind zwei nicht vergleichbare Fälle.“ Meyer bekleide als Stadtrat nur ein Ehrenamt, während Koch als Abgeordneter auch über die Höhe der Rundfunkgebühren entscheiden müsste. Genüsslich verweist Söder darauf, dass die ARD-Hörfunkchefs entschieden, Abgeordnete dürften nicht für die ARD-Schaltkonferenzen berichten – auf Vorschlag des WDR, wie der CSU-Mann behauptet.

Die Gewerkschaft Ver.di riet den BR-Intendanten Gruber nun zu beweisen, dass er gegenüber allen Parteien unabhängig sei. Noch stärker solidarisieren sich bereits über 700 Fans mit dem Nürnberger Fußballreporter im Internet (www.pro-guenther-koch.de). Auch Nico Patschinski, Top-Stürmer des Zweitligisten FC St. Pauli, hat sich in die Unterschriftenliste „Kein Maulkorb für Günther Koch“ eingetragen: „Er ist ein Teil des Fußballs in Deutschland, der Eingriff der Politik in den Sport muss verhindert werden.“ OLIVER HINZ