Unter falscher Flagge

Eine Landwirtin aus Schleswig-Holstein soll in 533 Fällen konventionell erzeugte Eier als Bioeier verkauft haben. Staatsanwaltschaft und Bioverbände sprechen von Einzelfall. Der Verband Biopark will Neumitglieder genauer prüfen

„Ein Einzelfall“ und „viel kriminelle Energie“, sagen beschwörend die Staatsanwaltschaft Kiel und die ökologischen Landwirtschaftsverbände. Immerhin soll eine Landwirtin aus dem Kreis Segeberg 533 Mal Eier aus konventioneller Erzeugung als ökologisch produzierte verkauft haben. Nun hat die Staatsanwaltschaft Kiel Anklage gegen die 47-Jährige wegen gewerbsmäßigen Betrugs, irreführender Kennzeichnung von Lebensmitteln und Verstoßes gegen das Ökolandbaugesetz erhoben.

Aufgeflogen war der Betrug durch eine Kontrolle des Amts für ländliche Räume, das durch eine anonyme Anzeige auf den Betrieb aufmerksam gemacht worden war. Die Kontrolle erfolgte bereits 2006, die Staatsanwaltschaft erklärt die Dauer der Ermittlungen mit der „sehr ungewöhnlichen Größenordnung“ des Betrugs. Der Umsatz der Taten soll allein 2005 / 2006 rund 200.000 Euro betragen haben.

Zu diesem Zeitpunkt war die Landwirtin, die einen mittleren Betrieb mit unter 5.000 Hühnern führte, Mitglied im ökologischen Landbauverband Biopark. 2003 war sie aus dem Bioland-Verband ausgeschlossen worden, weil sie wiederholt gegen Futter- und Tierhaltungsauflagen verstoßen hatte. Davon war bei Biopark nach Auskunft der Geschäftsführerin, Delia Micklich, nichts bekannt. Aus den Kontrollunterlagen sei nichts Auffälliges hervorgegangen. Diese wiederum stammen vermutlich jedoch aus Kontrollen zum EU-Ökosiegel, dem die Landwirtin in der Zwischenzeit angehörte. „Wenn jemand betrügen will, findet derjenige immer einen Weg“, sagt Delia Micklich. Der Fall sei der erste dieser Art bei Biopark. Die beschuldigte Landwirtin ist inzwischen ausgeschlossen; künftig fragt Biopark bei Neuaufnahmen die vorherigen Mitgliedschaften ab – dies ist bei Bioland bereits länger Praxis.

Wie die Landwirtin, die Reformhäuser und Bioläden belieferte, genau vorging, ist bislang unbekannt. Bei Biopark vermutet man, dass ihr konventionell produzierende Landwirte ungestempelte Eier verkauften, die sie fälschlich mit einem Biostempel kennzeichnete. Noch wird in diese Richtung nicht ermittelt, die Staatsanwaltschaft verweist auf die Hauptverhandlung, deren Termin noch nicht feststeht. Sollte die Landwirtin wegen gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt werden, droht ihr eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Als ökologische Landwirtin dürfte sie den EU-Richtlinien zufolge nach einem Jahr wieder wirtschaften. FRIEDERIKE GRÄFF