Belgien stoppt Nato

Außenminister kündigt Veto gegen Militärhilfe für die Türkei an

BRÜSSEL taz ■ Dass der belgische Außenminister Louis Michel seine Politik mehr aus dem Bauch denn aus dem kühlen Kopf heraus betreibt, hat er schon mehrfach bewiesen. „Ja, wir werden weiter blockieren“, stellte er gestern im flämischen Fernsehen klar. Ein entsprechender Brief „mit Frankreich, und ich glaube, auch mit Deutschland“ werde gerade aufgesetzt. In den vergangenen drei Wochen hatten Belgien, Frankreich und Deutschland sich gemeinsam geweigert, auf amerikanische Bitten hin dem Nato-Partner Türkei Hilfe gegen einen möglichen irakischen Angriff zur Verfügung zu stellen. Auf der Sicherheitstagung in München war aber der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck am Samstag von dieser Haltung abgerückt.

Deutschland werde die Türkei im Rahmen der Vorbereitungen für einen Irakkrieg mit den gewünschten Patriot-Luftabwehrraketen unterstützen. Struck zufolge werden die Raketen bis Ende kommender Woche „in die Türkei verschifft“. Die Niederlande sollen aber das Wartungs- und Bedienpersonal stellen – so will die Bundesregierung vermeiden, dass der Bundestag dem Einsatz zustimmen muss.

„Deutschland schützt die Türkei auf einer bilateralen Ebene“, stellte Michel gestern klar. Es gehe nicht darum, Ankara die gewünschte Hilfe zu verweigern. Es müsse nur verhindert werden, dass durch eine gemeinsame Aktion im Rahmen des Nato-Bündnisses auf amerikanische Initiative hin die Kriegsautomatik weiter angeheizt werde. Für seine Behauptung, Frankreich und Deutschland beteiligten sich weiterhin am Veto, blieb Michel die Belege schuldig.

Da die Nato nur einstimmig agieren kann, würde ein belgisches Veto ausreichen, um das Bündnis zu blockieren. Nato-Generalsekretär Robertson hat die amerikanische Anfrage deshalb unter so genannte Verschweigefrist gestellt. Sollte bis Montag früh, 9 Uhr kein Land schriftlich Einspruch eingelegt haben, gilt die Anfrage als akzeptiert. Louis Michel hat den belgischen Nato-Botschafter angewiesen, den erforderlichen Brief an Robertson sofort zu schreiben – mit oder ohne Unterstützung aus Frankreich und Deutschland.DANIELA WEINGÄRTNER