Exotische Allianz gegen Bushs Steuerpläne

US-Notenbankchef Greenspan ist gegen Steuersenkung – ebenso wie der globalisierungskritische Ökonom Stiglitz

BERLIN taz ■ Nicht nur die Verteidigungsminister bereiten ihre Truppen auf einen Irakkrieg vor. Auch die Mächtigen der Finanzwelt sind hastig dabei, Vorbereitungen zu treffen – wenn auch verbaler Art.

EU-Währungspräsident Pedro Solbes ließ Anfang der Woche durchblicken, der Stabilitätspakt mit seinen strengen Haushaltsregeln könne im Kriegsfall vorübergehend außer Kraft gesetzt werden. Vorgestern Abend stimmte auch der Chef der US-Notenbank, Alan Greenspan, seine Leute auf eine Lockerung der Geldpolitik ein. Bei seiner mit Spannung erwarteten halbjährlichen Anhörung vor dem Bankenausschuss des US-Senats deutete er an, die Zinsen könnten ein weiteres Mal gesenkt werden. Seit 2001 ist dies bereits zwölf Mal geschehen. Der Zinssatz liegt jetzt bei 1,25 Prozent, dem tiefsten Stand seit 40 Jahren.

Laut Greenspan lastet der drohende Irakkrieg auf den Geschäftsplanungen der Unternehmen und verhindert damit eine konjunkturelle Belebung der weltgrößten Volkswirtschaft. „Die Erhöhung der weltpolitischen Spannungen verstärkte nur noch die bereits wahrgenommenen Unsicherheiten, die sich in den vergangenen drei Jahren angestaut haben“, sagte Greenspan. Damit seien „beachtliche Hürden für neue Investitionen und somit für ein deutliches Wiederaufleben der wirtschaftlichen Aktivität“ entstanden. Es sei schwierig, ein genaues Bild der konjunkturellen Aussichten zu zeichnen, ehe der Irakkonflikt nicht gelöst sei.

Was die Pläne von Präsident George W. Bush betrifft, die Konjunktur über massive Steuersenkungen zu beleben, zeigte sich der Notenbankchef jedoch skeptisch. „Ich bin einer der wenigen, die bislang noch nicht davon überzeugt sind, dass ein Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft eine wünschenswerte Strategie ist“, sagte er. Die Umsetzung des Programms werde zu geringeren Steuereinnahmen führen. Bush plant, die Wirtschaft mit Erleichterungen von 675 Milliarden Dollar über die nächsten zehn Jahre zu stützen.

Als Bushs erstes Steuerpaket im September 2001 den Kongress passierte, fand sich der Notenbankchef, von dem es bis vor kurzem hieß, ein Räuspern von ihm bewege die Aktienmärkte, noch unter den Befürwortern. Damals rechnete er allerdings auch noch mit einem Budgetüberschuss von fünfeinhalb Billionen Dollar für die kommenden zehn Jahre. Mittlerweile jedoch steht die Regierung vor Minusprognosen von 300 Milliarden Dollar und mehr im laufenden und im nächsten Haushalt.

Greenspan bläst mit seiner Kritik in das gleiche Horn wie 400 amerikanische Ökonomen, die sich in einer ganzseitigen Anzeige in der New York Times gegen Steuersenkungen aussprachen. Zu den Unterzeichnern gehören zehn Nobelpreisträger, darunter Paul Samuelson, Daniel McFadden und der Globalisierungskritiker und ehemalige Weltbankmanager Joseph Stiglitz. Auf einer Pressekonferenz nannte McFadden den Plan der Regierung eine „Massenvernichtungswaffe“. Sie ziele auf die Mittelklasse, während die Reichen belohnt würden. Stiglitz sprach von „fiskalischem Wahnsinn“.KATHARINA KOUFEN