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: Ich liebe meinen Teddybären!

Manchmal träume ich von meiner Zukunft. Und heute stellte ich mir etwas ganz besonders Wunderbares vor: Wie schön es sein würde, in einem japanischen Seniorenheim leben zu dürfen.

Ich weiß zwar, dass es im Alter nicht mehr viele Menschen gibt, die mir bleiben, und ich werde ganz alleine in einem Zimmer des japanischen Altenheims in der Nähe von Osaka wohnen. Doch das Alleinsein ist kein Problem für mich. Denn ich besitze einen wunderbaren Partner: einen Teddybären. Er wackelt fröhlich mit den Ohren, zwinkert lustig mit den Augen, lässt seine Nase aufleuchten und schwenkt die Arme. Aber das Allerwichtigste ist: Er kann mich Alten zu einem netten Small Talk anregen.

Zwar ist die Konversation ein wenig eingeschränkt – auf etwa 3.000 Sätze, wobei Teddy meistens selber spricht und er nicht besonders viel von dem versteht, was ich ihm sage. Doch dies ist keinesfalls von Nachteil. Denn ich habe vom Schöpfer des Teddybären – der Elektronik-Firma Matsushita – erfahren, dass wir Alten uns ohnehin gerne wiederholen.

Vielleicht fühle ich mich deshalb manchmal etwas überfordert. Eigentlich ist Teddy nur ein Roboter, aber unter seinem Fell verbirgt sich eine Funkverbindung zu einer Pflegestation, in der es Menschen gibt. Und manchmal sprechen die mit mir. Zum Beispiel, wenn es zu lange dauert, bis ich auf Teddys Fragen geantwortet habe. Oder wenn ganz wichtige Dinge anstehen – etwa, wenn es Zeit ist, Medikamente einzunehmen. Doch glücklicherweise sind es nur ganz kurze Zeitspannen, die die traute Zweisamkeit zwischen Teddy und mir unterbrechen.

Denn Teddy ist ein wunderbares Wesen. Er beißt und kratzt nicht, verursacht keine Allergien und kann sich nicht bewegen. So brauche ich ihm nicht hinterherzulaufen. Stolz kann ich sagen, dass ich zu den 65 Prozent der Alten gehöre, die eine echte Zuneigung zu dem weichen Plüschtier verspüren. Teddy ist sehr bescheiden – trotz seiner ungewöhnlichen Fähigkeiten.

Immer dann, wenn er in mein mit Wasser gefülltes Becken plumpst, verliert er zwar sein Gedächtnis, weil sein Speicher gelöscht wird. Doch innerhalb kürzester Zeit gelingt es Teddy, diese Krise zu überwinden: Ein Back-up seines 2-MByte-Gedächtnisses lässt Teddy innerhalb weniger Stunden wieder ganz der Alte werden.

Das macht mich immer wieder sehr glücklich. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass Teddy eine Seele hat. Manchmal denke ich auch darüber nach, ob Teddy wirkliche Emotionen oder ein Bewusstsein hat. Ich weiß es wirklich nicht.

Aber eines weiß ich ganz sicher: Im Alter wird es mich nicht bedrücken, dass der Tod so nahe ist. Denn Teddy wird mich überleben – er wird nie sterben. Wenn er kaputt ist, wird Matsushita ihn flicken.

CLAUDIA BORCHARD-TUCH