Zuwanderung: Liberale wollen Union stoppen

Baden-Württembergs FDP kündigt Enthaltung im Bundesrat an. Damit hätte die Union keine Mehrheit für Blockade

BERLIN taz ■ Die FDP macht der Union einen Strich durch die Rechnung. Kurz vor der heutigen Bundesratssitzung zeichnete sich gestern ab, dass die Union heute im Bundesrat keine Mehrheit für eine ablehnende Stellungnahme zum rot-grünen Zuwanderungsgesetz zustande bekommt. Baden-Württembergs Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) kündigte an: „Für eine Blockadepolitik bei der Zuwanderung wird die FDP nicht die Hand reichen.“ Baden-Württemberg werde sich deshalb heute der Stimme enthalten.

Da im Bundesrat noch die alte Stimmzusammensetzung vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen gilt, würden schon die 6 Stimmen aus Baden-Württemberg reichen, um die geplante Blockade der Union zu blockieren. Doch auch aus Hessen und Hamburg hieß es, dass die Liberalen der Union die Gefolgschaft verweigern wollen. Mit diesem Widerstand hatten CDU und CSU offenbar nicht gerechnet. Noch gestern früh gaben sich Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) und sein Brandenburger Kollege Jörg Schönbohm (CDU) kompromisslos und forderten die rot-grüne Regierung auf, die Forderungen der Union zu erfüllen. Schönbohm bezeichnete dies sogar als „Nagelprobe“ für die Kooperationsbereitschaft von Rot-Grün. Nun muss sich die Union erst einmal mit dem eigenen Koalitionspartner in den Ländern einig werden. Unionsvertreter wollten am Abend versuchen, doch noch einen gemeinsamen Entschließungsantrag zu formulieren, den auch die FDP mittragen könne. Sonst käme das Gesetz ohne Stellungnahme des Bundesrats zurück in den Bundestag.

Die über 100 Änderungsanträge der Union seien „inakzeptabel, da sie das existierende Phänomen Zuwanderung schlichtweg leugnen und keinerlei sinnvollen Regelungsansatz zur Steuerung der Zuwanderung enthalten“, sagte der Sprecher der baden-württembergischen Justizministerin der taz. Die FDP wolle nun im Bundestag einen Vermittlungsversuch zwischen Rot-Grün und der Union starten.LUKAS WALLRAFF