Ein Mittel, sich Gehör zu verschaffen

Nicht jedes Opfer von Straftaten darf auch als Nebenkläger auftreten. Anklage erhebt grundsätzlich der Staatsanwalt

Für die Verfolgung und Verurteilung von Straftaten hat der Staat das Gewaltmonopol. Nur er allein darf – durch die dafür bestimmten Organe – tätig werden. Er bestimmt, in welcher Weise er dies tut und welche Strafen er beantragen will. Die Wünsche oder Strafbedürfnisse der Opfer spielen bei seinem Handeln nur eine untergeordnete Rolle.

Von dieser Regel gibt es Ausnahmen, eine davon ist die Möglichkeit der Nebenklage. Nach den §§ 395–406 der Strafprozessordnung können die Opfer von Sexualstraftaten, von Körperverletzungen, Beleidigungen, Geiselnahme und versuchten Tötungen sowie die Eltern, Kinder, Geschwister und Ehepartner eines durch eine Straftat Getöteten in einem Prozess gegen den oder die Täter als Nebenkläger auftreten und so ihr Interesse an der Strafverfolgung im Prozess persönlich vertreten – vorausgesetzt, der Täter ist ein Erwachsener, denn im Jugendstrafverfahren gibt es keine Möglichkeit der Nebenklage.

Voraussetzung für eine Nebenklage ist zunächst, dass von der Staatsanwaltschaft Anklage erhoben wird – Geschädigte können dies nicht selber tun. Ist Anklage erhoben, müssen die Geschädigten – selber oder durch einen Anwalt – bei Gericht beantragen, als Nebenkläger zugelassen zu werden. Sind sie zugelassen worden, können sie über einen Anwalt Akteneinsicht bekommen. Außerdem kann dieser Anwalt als Beistand für sie in der Hauptverhandlung tätig sein. Weiter sind die Nebenkläger zur Teilnahme am Hauptverfahren berechtigt, sie sind vor jeder gerichtlichen Entscheidung zu hören, dürfen Täter und Zeugen befragen und können eigene Anträge – Beweis- und Strafanträge – stellen sowie Erklärungen abgeben.

Die Kosten der Nebenklage muss der Geschädigte selber tragen. Das Gericht kann ihm aber Prozesskostenhilfe bewilligen und – wenn dies besonders angezeigt ist – dem Geschädigten einen Anwalt beiordnen. Wird der Täter verurteilt, muss er auch die Kosten der Nebenklage tragen.

Die Nebenklage ist vor allem für die Opfer von Sexualstraftaten, aber auch für Opfer von z. B. rassistisch begründeten Gewalttaten ein angemessenes Mittel, sich im Strafverfahren Gehör zu verschaffen und eventuell ein Stück weit aus der Opfersituation wieder herauszukommen.

Waltraut Braker

Die Autorin ist ist Hamburg Fachanwältin für Familienrecht